Geschenktipps (nicht nur) zu Weihnachten

Christine Zabel, Paris


Nora Krug: Heimat. Ein deutsches Familienalbum. Penguin Verlag, 288 Seiten. Preis: 28 Euro.
Graphic novel, Autobiographie, Familiengeschichte und historische Aufarbeitung - das alles und viel mehr ist Nora Krugs 2018 erschienenes Buch. Der 1977 in Karlsruhe geborenen und in New York lebenden Autorin ist es mit Heimat gelungen, ein echtes Kunstwerk zu schaffen, das sich der minutiösen Rekonstruktion familiärer Verstrickungen ins NS-Regime widmet und dabei die Frage stellt, was Heimat eigentlich für sie, die in der Ferne lebenden, und an Heimweh leidenden Enkelin der Kriegsgeneration bedeuten kann. Durch Recherchen in Archiven und auf Flohmärkten, durch Gespräche, Reisen, Spaziergänge und Interviews legt Nora Krug Facette um Facette der Familiengeheimnisse frei. Sie befragt Menschen, Akten, Landschaften, Häuser und nicht zuletzt ihre eigenen Erinnerungen. Heimat ist der Versuch, das Ungesagte mit mehr als Worten, mit einer Collage von Skizzen, Fotos, Zeichnungen und (Quellen)texten zum Sprechen zu bringen. Nora Krug führt ihre LeserInnen mit einer Art durch den leidensbereiten, kreativen und assoziativen Prozess ihrer eigenen Reflexion, die in den Bann zieht und nachhaltig in Erinnerung bleibt. Völlig zurecht wurde Heimat mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Neunteilige Miniserie um das Equal Rights Amendment: Mrs America (käuflich erhältlich auf Disney+ oder Apple TV), erschienen 2020.
Fernseherlebnis mit Inspirationspotenzial: Diese historische Miniserie macht einfach Spaß und besticht nicht nur durch die schauspielerische Leistung einer Cate Blanchett, sondern überzeugt auch durch ihre These. Die Serie thematisiert den vor allem in den 1970er Jahren leidenschaftlich geführten Kampf amerikanischer Feministinnen wie Gloria Steinem, Betty Friedan und Bella Abzug für das Equal Rights Amendment (ERA). Sie nimmt aber auch die Gruppe der Gegnerinnen um Phyllis Schlafley in den Blick und zeigt, dass diese ihren politischen Erfolg - das ERA wurde bis heute nicht ratifiziert - nicht zuletzt der Emanzipationsbewegung selbst verdankten: Indem sich die Gegnerinnen der Gleichstellungsbewegung zu Frauengruppen zusammenschlossen, sich politisch engagierten und für ihre Privilegien eintraten, entfernten sie sich selbst von der gesellschaftlichen Rolle, die sie so vehement verteidigten, und profitierten von den durch die Emanzipationsbewegung veränderten gesellschaftlichen Normen.

Amazone. Lea Desandre. Thomas Dunford. Jupiter. Erato (Warner) CD: 15,99 Euro.
Mein Geschenk-Tipp für alle MusikliebhaberInnen: Die Mezzosopranistin Lea Desandre, für mich derzeit die schönste Stimme Frankreichs, hat für dieses Album barocke Musikstücke ausgewählt, die sich der Allegorie der Amazonen widmen: Bei Francesco Cavalli, Antonio Vivaldi, Louis Couperin, Jean-Philippe Rameau und Franceso Provenzale erscheinen sie als Heldinnen und Kriegerinnen, von denen eine besondere Kraft ausgeht, auch weil sie die Geschlechterordnung umkehren. Die Stimme von Lea Desandre begleitet diese Entdeckungsreise mit einer kraftvollen und zugleich sensiblen Interpretation, die ZuhörerInnen kaum unberührt lassen wird.