Rezension über:

Michael Sage: Septimius Severus and the Roman Army, Barnsley: Pen & Sword Military 2020, XXIV + 216 S., eine Kt., ISBN 978-1-5267-0241-8, GBP 19,99
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Rezension von:
André Heller
Institut für Geschichte, Julius-Maximilians-Universität, Würzburg
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
André Heller: Rezension von: Michael Sage: Septimius Severus and the Roman Army, Barnsley: Pen & Sword Military 2020, in: sehepunkte 22 (2022), Nr. 3 [15.03.2022], URL: https://www.sehepunkte.de
/2022/03/34917.html


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Michael Sage: Septimius Severus and the Roman Army

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Das hier anzuzeigende Buch von Michael Sage, emeritierter Professor für Classics der University of Cincinnati und ein ausgewiesener Kenner des antiken Kriegswesens, zu Septimius Severus ist ein weiteres der bei Pen & Sword seit Jahren publizierten Werke über bedeutende römische Persönlichkeiten sowie militärische Themen der Alten Geschichte. Die Zielgruppe ist nicht unbedingt die Fachwelt, sondern vielmehr ein an Geschichte interessiertes Lesepublikum. Ein direkter Vergleich zwischen dem Klassiker von Birley und Sages Buch sollte daher nicht angestrebt werden. [1] In neun chronologisch angeordneten Kapiteln, eingerahmt von "Introduction" und "Appendix", werden das Leben und die Regierung des Protagonisten dargestellt. Beschlossen wird das Buch von einer kapitelweise geordneten Literaturliste, den Anmerkungen sowie einem Index zu Sachbegriffen, Orts- und Personennamen.

Die "Introduction" (xi-xxiii) ordnet Zeit und Person des Severus in die Kaiserzeit ein und konzentriert sich auf die Geschichte der nordafrikanischen Provinzen, woher Severus selbst stammte, und ihre Bedeutung für das Römische Reich (z.B. die Getreide- und Ölproduktion). Einleitend wird die steigende Zahl der nicht aus Italien stammenden Senatoren seit dem Beginn des 1. Jahrhunderts n.Chr. thematisiert; um 200 waren Senatoren aus Nordafrika unter denen aus den westlichen Provinzen in der Mehrzahl. Daher könne der Aufstieg des Severus zum Kaiser als "a further consequence of the acceptance of Africans" im Senat verstanden werden (xi-xii). [2] Anschließend widmet sich Sage den literarischen und nicht-literarischen Quellen (1-11), die in der Arbeit vielfach kritisch diskutiert werden. Die Herkunft vieler Senatoren aus dem Osten habe dazu geführt, dass römische Geschichtsschreibung nach Tacitus nunmehr in griechischer statt in lateinischer Sprache abgefasst wurde (Cassius Dio); außerdem habe die Fokussierung auf den Kaiser das Genre der Biographie attraktiver erscheinen lassen (Sueton als Vorbild).

Im "Prelude" (13-31) stellt Sage zuerst die kulturelle und ökonomische Umwelt von Leptis Magna, Heimat des Severus, dar und zeichnet dann die Karriere des Protagonisten nach. Etwas ausführlicher werden die Verhältnisse unter Kaiser Commodus behandelt, unter dem Severus wie auch sein Bruder Geta das Konsulat bekleideten, wobei Severus in jenem Skandaljahr 190 das Oberamt erhielt. Getas bisherige Karriere sei jedoch beeindruckender und sogar mit militärischer Erfahrung verbunden gewesen. Sages Schluss, "Severus' lack of military experience proved a source of strength, not weakness" (29), überzeugt, denn die Betrauung eines Senators ohne militärische Erfahrung mit der nächsten an Italien grenzenden Dreilegionenprovinz bedeutete eher eine gute Absicherung für die Herrschaft des Kaisers als eine Gefährdung. Im folgenden Kapitel "Things Fall Apart" (33-49) setzt Sage diesen Gedanken fort: Er sieht in der Ernennung von aus Nordafrika stammenden Senatoren zu Statthaltern von Dreilegionenprovinzen keine Vorbereitung eines Umsturzes durch den Prätorianerpräfekten Laetus (ebenfalls aus Nordafrika). Die Idee einer Mitwisserschaft des Pertinax [3] an Commodus' Ermordung lehnt Sage ab und vergleicht ihn mit Kaiser Nerva, der 96 unter ähnlichen Voraussetzungen auf den Thron gelangt war.

In den zwei Kapiteln "The Civil Wars" (51-68, 69-76) wird der verlustreiche Kampf um die Herrschaft gegen Pescennius Niger und Clodius Albinus dargestellt. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf den Schlachten und den anschließenden Maßnahmen [4] sowie der prosopographischen Einordnung der Anhänger des Severus, bei denen nicht unbedingt ihre regionale Herkunft eine Rolle gespielt habe (so unterstützte ihn auch der Italiker Marius Maximus). [5] "Encore: War in the East and Sightseeing in Egypt" (77-93), "Rome and Africa" (95-103) und "Return to Rome" (105-21) behandeln die Jahre 197 bis 208. Ein Exkurs widmet sich den Parthern (77-81), außerdem werden militärtaktische Überlegungen zur erfolglosen Belagerung von Hatra angestellt (84-87). Die von Severus offensichtlich angestrebte Doppelherrschaft seiner Söhne Caracalla und Geta parallelisiert Sage mit jener von Mark Aurel und Lucius Verus (108-113); ab dieser Zeit sei auch die kaiserliche Familie mehr in den Mittelpunkt der offiziellen Darstellung (Münzen, Inschriften) gerückt (92). Die aufwendigen Säkularspiele, mit denen sich Severus bei seiner zweiten Rückkehr nach Rom in eine Reihe mit Augustus zu stellen versuchte [6], belegen die gewaltige Beute aus den Partherkriegen und den finanziellen Ertrag der Konfiskationen bei den getöteten Albinus-Anhängern. Zum Sturz des übermächtigen Prätorianerpräfekten Plautianus, einem Landsmann des Severus, mit dessen Tochter der Kaiser Caracalla verheiratet hatte, analysiert Sage ausführlich die Quellenprobleme (114-117). Den Italien unsicher machenden Räuberhauptmann Bulla Felix sieht Sage mit der von Eric Hobsbawm geprägten Kategorie als Sozialrebellen, eine Art antiken Robin Hood (120).

In "The Last Act" (123-140) untersucht der Autor strittige Fragen des Britannien-Feldzugs und bietet einen Ausblick auf die mit einem Mord endende Doppelherrschaft der Severus-Söhne; zum Schluss wird Severus' Herrschaft prägnant zusammengefasst. Die Entwicklung des römischen Heeres in der Kaiserzeit und seine durch Severus geförderte Rolle im Staat führt Sage im "Appendix: Severus and the Roman Army" (141-153) aus. Zu Recht sieht er die Verschiebung der Ostgrenze bis an den Tigris durch die Einrichtung der neuen Provinzen Osrhoene und Mesopotamia kritisch (149f.)

Sages Severus-Biographie bietet eine solide und durch ihre gut eingeflochtenen Exkurse informative Darstellung, die den durch den Titel geweckten Erwartungshorizont durchaus erfüllt. [7] Allerdings hätte eine gründliche Durchsicht vor dem Erscheinen die nicht wenigen Druck- und Sachfehler vermeiden können. [8] Eine die zahlreichen jüngeren Arbeiten zur Repräsentation der kaiserlichen Familie, dem höfischen Leben und der Rolle des Militärs einbeziehende Abhandlung zu Septimius Severus bleibt daher weiterhin ein Desiderat.


Anmerkungen:

[1] Anthony R. Birley: Septimius Severus. The African Emperor, rev. Aufl. London / New York 1999; in der allgemeinen Literaturliste fehlt Jörg Spielvogel: Septimius Severus, Darmstadt 2006.

[2] Auf Seite 167 ist der Inhalt der Anm. 2 und 4 vertauscht.

[3] "He also accepted the title of Caesar for his son" (38) missversteht HA P 6,9, da der Senat ihn zum Caesar ernannte, Pertinax dies aber zurückwies; bezeugt ist der Titel allerdings auf einigen Inschriften.

[4] Die Unternehmungen des Vallius Maximianus in der Baetica und Mauretania Tingitana gehören nicht in die Zeit nach dem Sieg über Clodius Albinus (74), sondern in die letzten Jahre Mark Aurels (vgl. Andreas Gutsfeld: Römische Herrschaft und einheimischer Widerstand in Nordafrika. Militärische Auseinandersetzungen Roms mit den Nomaden, Stuttgart 1989, 116f.).

[5] Hier hätten die Untersuchungen von Danuta Okoń berücksichtigt werden sollen (z.B. Danuta Okoń: Septimius Severus et senatores. Septimius Severus' Personal Policy towards Senators in the Light of Prosopographic Research, Stettin 2012).

[6] Dazu jetzt Jussi Rantala: The Ludi saeculares of Septimius Severus. The Ideologies of a New Roman Empire, London / New York 2017.

[7] Wie schwierig eine adäquate Darstellung - im Vergleich zu Birley - ist, zeigt die Rezension zu Spielvogel (wie Anm. 1) von Ulrich Lambrecht, in: H-Soz-Kult, 18.12.2006 (www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-9157; zuletzt aufgerufen am 12.02.2022), der dessen psychohistorischen Ansatz und Umgang mit den Quellen scharf kritisiert.

[8] Zu nennen wären u. a.: Tiberius Claudius Pompeianus statt Titus Claudius Pompeianus (21), legio VI Victrix statt legio VI Valeria Victrix (24), legio IV Scythica statt legio IV Augusta (29), Helvius Pertinax statt Helvetius Pertinax (33), Hadrumetum statt Hadrumentum (41, 45, 101, Index), "torn to pieces" statt "torn to prices" (47), Valerianus statt Valentinus (60 und 186, Anm. 41), Galsterer statt Glasterer (156), p. 21 statt p. 2 (172, Anm. 2).

André Heller