Rezension über:

Massimiliano Vitiello: Momenti di Roma ostrogota. Aduentus, feste, politica (= Historia. Einzelschriften; Heft 188), Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2005, 162 S., ISBN 978-3-515-08688-2, EUR 36,00
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Rezension von:
Kathrin Jaschke
LWL-Römermuseum Haltern
Redaktionelle Betreuung:
Mischa Meier
Empfohlene Zitierweise:
Kathrin Jaschke: Rezension von: Massimiliano Vitiello: Momenti di Roma ostrogota. Aduentus, feste, politica, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2005, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 3 [15.03.2009], URL: https://www.sehepunkte.de
/2009/03/9573.html


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Massimiliano Vitiello: Momenti di Roma ostrogota

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Zahlreiche Publikationen hat Massimiliano Vitiello bereits zu den ostgotischen Königen in Italien verfasst. Im vorliegenden Band beschäftigt er sich mit dem adventus der Herrscher und den Feierlichkeiten, die anlässlich oder zumindest zur Zeit ihres Aufenthaltes in Rom stattfanden. Er beginnt mit Theoderich dem Großen (König 493-526) und schließt mit Totila (König 542-52).

Im Gegensatz zu den Herrschern des 4. Jahrhunderts n.Chr. eilen die Könige nach dem Betreten der alten Hauptstadt zuerst an das Grab Petri, um dort in demütigem Gebet zu verharren. Dieser Teil des königlichen Aufenthaltes wird von den christlichen Autoren, allen voran Cassiodor, besonders betont, aber nie offizieller Teil der adventus-Zeremonie, die sich weiterhin am antiken Vorbild orientiert und das Kapitol in seiner Bedeutung bestehen lässt. Vor dem 5. Jahrhundert n.Chr. schweigen die Quellen zu christlichen Elementen des adventus. Dann folgen immer wieder lange Perioden ohne Nachrichten über Herrscherbesuche, was Vitiello zu der Annahme führt, in dieser Zeit müsse sich die Hinwendung zum Petrusgrab als Punkt des königlichen Stadtbesuches herausgebildet haben. Warum aber binden die Könige in das altrömische adventus-Ritual nun dieses christliche Element ein und stellen es an den Anfang des Besuches? Die Antwort liegt in der gestiegenen Bedeutung des Papstes, des Nachfolgers Petri, der in der christlichen Literatur schon länger als neuer Beschützer der Stadt auftritt. Wie weit reichen seine Schutzkräfte nun tatsächlich? Als Vermittler zwischen dem ostgotischen König in Italien und dem oströmischen Kaiser in Byzanz wird er geschätzt und gerne in Anspruch genommen.

Vitiello schenkt einem Aufenthalt des Theoderich in Rom besondere Aufmerksamkeit: dem Besuch des Königs und seinem dreißigjährigen Thronjubiläum. Nach eingehender und umfassender Untersuchung sowie Diskussion aller Quellenstellen und auch derjenigen Autoren, die das Jubiläum aus bestimmten Gründen verschweigen, kommt Vitiello zu dem Schluss, dass sich die Feierlichkeiten auf das ostgotische Königtum Theoderichs und nicht auf seine Herrschaft in Italien beziehen müssen. Theoderich trat 474 n.Chr. die Nachfolge seines Vaters Theodemer an. Nun vermischte der Autor des Auctarium Hauniense den adventus Theoderichs mit dem Jubiläum, das erst vier Jahre später stattfand.

Wie einige Autoren schweigt auch der oftmals so hilfreiche Cassiodor zu den Ereignissen von 500, da ansonsten die von ihm beschworene durchgängige römische Herrschaft von einem germanischen Jubiläum gestört worden wäre. Auch beim adventus dieses Jahres lässt Cassiodor die gotischen Elemente aus, betont dagegen die römischen stark, um die Kontinuität römischer Herrschaft darzustellen.

Nachdem er die Ereignisse von 500 von denen des Jahres 504 getrennt hat, möchte Vitiello die Anerkennung Theoderichs als rex, die oftmals in das Jahr 493 gestellt wird, nach ausführlichem Quellenstudium in das Jahr 489/90 n.Chr. setzen, obwohl sie sicher erst 493 n.Chr. belegt ist. Auch wenn die Argumentation nachvollziehbar und in sich durchaus schlüssig ist, bleibt sie aufgrund unsicherer Belege Hypothese.

Das nächste Jubiläum wurde 519 in Rom begangen: die dreißigjährige Herrschaft Theoderichs in Italien. Auch hierfür fehlen eindeutige Quellen, aber Vitiello sieht in der Stiftung von zwei Silberkandelabern einen Hinweis auf die Feierlichkeiten, die Theoderich zusammen mit seinem Schwiegersohn und von ihm bestimmten Nachfolger Eutharich begeht. In seinen Augen war die Stiftung eventuell sogar ein gemeinsames Geschenk von König und Kaiser aus Byzanz!

Vitiello wendet sich nun Eutharich zu. Dieser wurde, genauso wie Theoderich am Beginn seiner Herrschaft in Italien, dominus noster gloriosissimus ac triumphalis vir genannt und insgesamt handelt es sich um denselben Herrschaftslegitimitätsprozess wie bei Theoderich. Nach dem frühen Tod des Eutharich 523 verzichtet Theoderich jedoch auf das weitere Procedere und benennt schlicht Alarich als Erben.

Des Weiteren schenkt Vitiello einer - wie er es selbst nennt - wenig bekannten Episode römischer Geschichte Aufmerksamkeit und die Darlegung aller verfügbaren Quellen: der Aufenthalt des Theodatus in Rom. Die Datierung dieses adventus ist äußerst umstritten und kann aber von Vitiello überzeugend auf den Anfang des Jahres 536 n.Chr. festgelegt werden.

Abschließend wird die Zeit des Gotenkrieges behandelt, im Besonderen der Aufenthalt des Totila 546 n.Chr. Die überlieferten Elemente der Zeremonie zeigen, dass die kriegerischen Zeiten den Ablauf des adventus in seinen wesentlichen Punkten nicht ändern. Auch Totila betet am Grab des Petrus. Neben dem Festhalten an althergebrachten Zeremonien beschwört Totila in einer Art adlocutio an die Senatoren das Beispiel Theoderichs, ein herausragendes Vorbild kriegerischer virtus. Er versucht, sich ihm anzunähern und damit auch sein Ansehen für sich in Anspruch zu nehmen. Totilas Briefe an den byzantinischen Kaiser ähneln im Wortlaut sehr denen des großen ostgotischen Königs. Im Gegensatz zu den Aufenthalten Theoderichs aber endet Totilas Rombesuch in einem Aufstand.

Vitiello ist es gelungen, die für das von ihm in den Fokus gestellte Thema des adventus relevanten Quellen zusammenzutragen und nicht nur anschaulich darzustellen, sondern auch überzeugend zu interpretieren. Somit bildet die vorliegende Publikation eine wertvolle Sammlung und Datierung der Ereignisse in der ehemaligen Hauptstadt des Römischen Reiches, die nunmehr nur noch eine Nebenrolle in der großen Politik spielt. Dabei wird aus den Schriften deutlich, wer im Begriff ist, der mächtigste Mann in Rom und auch ein gefragter Berater und Vermittler im Umgang mit dem byzantinischen Kaiser zu werden: der Bischof von Rom, Nachfolger des Apostels Petrus, dessen Grab ebenfalls immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Kathrin Jaschke