Rezension über:

Meinolf Arens: Habsburg und Siebenbürgen 1600-1605. Gewaltsame Eingliederungsversuche eines ostmitteleuropäischen Fürstentums in einen frühabsolutistischen Reichsverband (= Studia Transylvanica; Bd. 27), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2001, XVI + 397 S., ISBN 978-3-412-15600-8, EUR 39,90
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Rezension von:
Walter Daugsch
Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Laux
Empfohlene Zitierweise:
Walter Daugsch: Rezension von: Meinolf Arens: Habsburg und Siebenbürgen 1600-1605. Gewaltsame Eingliederungsversuche eines ostmitteleuropäischen Fürstentums in einen frühabsolutistischen Reichsverband, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2001, in: sehepunkte 2 (2002), Nr. 4 [15.04.2002], URL: https://www.sehepunkte.de
/2002/04/1572.html


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Meinolf Arens: Habsburg und Siebenbürgen 1600-1605

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Wer immer den einen oder anderen Aspekt der Geschichte Siebenbürgens in der Frühen Neuzeit thematisiert hat, sah sich bisher meist gezwungen, auf ausweichende oder verallgemeinernde Formulierungen zurückzugreifen, wenn es um die Darstellung der Zeit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert ging: Galt es doch, sich nicht zu verzetteln angesichts der verwirrenden Überfülle sich widersprechender Vorgänge, die ihren Niederschlag in zahl- und umfangreichen, großenteils sogar veröffentlichten Quellen und gewichtigen, meist alten Darstellungen fand. Die Arbeit füllt hier eine bisher empfindlich spürbare Lücke. Der Autor hat sich der Mühe unterzogen, das sehr umfangreiche, aber schwer zugängliche, entlegene und verstreute Material zu sichten und, ergänzt um die Ergebnisse der modernen historischen Forschung, zu verarbeiten. Besonders ist die Heranziehung bisher aus mangelnder Sprachkenntnis kaum genutzter moderner ungarischer Darstellungen hervorzuheben. Es ist Meinolf Arens gelungen, eine detailreiche Darstellung der genannten Zeit ohne Aussparung zunächst widersprüchlich erscheinender Fakten zu bieten, und das, ohne den Überblick und vor allem den Zusammenhang mit dem eigentlichen Thema zu verlieren.

Angesichts der weltgeschichtlichen Dimension der Auseinandersetzung zwischen Habsburg und der Pforte muss der Autor den Rahmen rein landesgeschichtlicher Forschung zwangsläufig verlassen. Insbesondere der Rolle der Osmanen kommt dabei - ebenfalls bis heute in der allgemeinen Geschichtswissenschaft keineswegs selbstverständlich - gerade auch unter Bezug auf die Ergebnisse moderner orientalistischer/islamwissenschaftlicher Forschung die ihr gebührende Würdigung zu, und auch die zwar bekannte, aber wenig beachtete osmanenfreundliche Politik Polen-Litauens in der Auseinandersetzung um die Vorherrschaft im Donau-Karpathenraum wird kritisch beleuchtet.

Meinolf Arens bleibt nicht bei einer an sich schon verdienstvollen Schilderung ereignis-, militär- und diplomatiegeschichtlicher Zusammenhänge stehen, sondern geht immer wieder auf strukturbedingte Schwierigkeiten der Kriegführung und der Durchsetzung von Zielvorstellungen des frühneuzeitlichen absolutistischen Staates der Habsburger ein. Strukturelle Vergleiche mit anderen ständisch geprägten Regionen des östlichen Mitteleuropa innerhalb und außerhalb des Habsburgerreiches mit ähnlich gelagerten Problemen ergeben einige Analogien. Erwähnt seien die kriegsbedingte ethnische Verschiebung der Bevölkerungsverhältnisse zugunsten der Rumänen in Siebenbürgen und Änderungen des demografischen Gefüges in Oberungarn zugunsten der Slowaken sowie die ständische Reaktion auf absolutistisches Vorgehen des Erzhauses in der Steiermark.

Schließlich sind Meinolf Arens kritische Bemerkungen zur rumänischen, aber auch siebenbürgisch-sächsischen nationalistisch-kommunistischen Geschichtsschreibung zu siebenbürgischen Themen als Beitrag zu einer "delegitimatorischen Geschichtswissenschaft" zu werten. Dem möglicherweise erfolgenden Einwand, der Autor bevorzuge einseitig ungarische Standpunkte zur siebenbürgischen Geschichte, kann gerade hier entgegengehalten werden, dass eine methodisch und inhaltlich modernere Sichtweise in der rumänischen Geschichtsschreibung noch keinen Niederschlag gefunden hat. Dass nur Bestände des Österreichischen Staatsarchivs und kein ungarisches oder rumänisches Archivmaterial genutzt wurden, erklärt sich einerseits aus der Themenstellung, andererseits aus der eingangs erwähnten systematischen Heranziehung der umfangreichen Quelleneditionen rumänischer und ungarischer Provenienz. Gerade in deren Nutzung liegt eine der vielen Stärken der Arbeit, die selbst einen Quellenanhang umfasst und durch ein Orts- und Personenregister erschlossen ist.


Walter Daugsch