Rezension über:

Józef Dobosz: The Church and Cistercians in Medieval Poland. Foundations, Documents, People (= East Central Europe, 476-1795; Vol. 2), Turnhout: Brepols 2023, 347 S., 25 s/w-Abb., ISBN 978-2-503-59802-4, EUR 95,00
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Rezension von:
Victoriia Smirnova
Bayerische Staatsbibliothek, München
Redaktionelle Betreuung:
Ralf Lützelschwab
Empfohlene Zitierweise:
Victoriia Smirnova: Rezension von: Józef Dobosz: The Church and Cistercians in Medieval Poland. Foundations, Documents, People, Turnhout: Brepols 2023, in: sehepunkte 23 (2023), Nr. 12 [15.12.2023], URL: https://www.sehepunkte.de
/2023/12/38310.html


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Józef Dobosz: The Church and Cistercians in Medieval Poland

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Die Bedeutung der Regionalstudien für die Zisterzienserforschung nochmals zu betonen, hieße offene Türen einrennen. Die europaweite Vernetzung der Zisterzienser und ihre frühe Verankerung in den Peripherien des lateinischen Christentums prägten die Entwicklung der europäischen Kulturlandschaft des 12. und 13. Jahrhunderts. Regionale Erfolge und Misserfolge des Ordens wurden zum wichtigen Element bei der "Konstituierung Europas".

Jedoch blieben viele einschlägige Forschungen infolge von Sprachbarrieren wenig bekannt. Man kann also das Erscheinen des Bandes "The Church and Cistercians in Medieval Poland: Foundations, Documents, People" nur begrüßen, da er den ersten breiten Überblick in englischer Sprache über Zisterzienser-Gründungen in Polen im 12. und frühen 13. Jahrhundert bietet. Der Band versammelt eine Auswahl der Aufsätze von Józef Dobosz (englische Übersetzung von Agnieszka Tokarczuk), die im Laufe der letzten vierzig Jahre veröffentlicht worden sind. Diesen Aspekt der Publikation darf man nicht aus den Augen verlieren, da der Band keine umfassende Darstellung aller wesentlichen Bereiche der regionalen Ordensgeschichte liefert. Er gewährt jedoch vertiefte Einblicke sowohl in die wichtigsten Aspekte der Gründung und des Wirkens des Zisterzienserordens in Polen, als auch in die polnische Forschungsgeschichte und die Forschungsdiskussionen der behandelten Themen.

Der Band besteht aus drei Teilen, denen ein Einführungsteil vorangestellt ist. Nach dem kurzen Vorwort werden die Grundsätze der Wiedergabe von Orts- und Personennamen, sowie die Regeln der polnischen Aussprache erläutert. Am Schluss dieses Teils findet sich ein Einführungskapitel, in dem die Geschichte des frühen Piastenpolens und der Prozess der Christianisierung Polens kurz vorgestellt werden (Kapitel 1, speziell für den Band verfasst).

Der erste Teil (Foundations) umfasst acht detaillierte Studien zur Ankunft der Zisterzienser in Polen, das zum damaligen Zeitpunkt stark vom Wandel von patrimonialer Herrschaft hin zur Polyarchie geprägt war. Im Mittelpunkt dieses Teiles stehen Gründung und Stiftung der ältesten und bedeutendsten Zisterzienserklöster Polens (u.a. Łekno, Jędrzejów und Sulejów). Besonderes Augenmerk richtet sich auf die Rolle und Wirkung der adeligen Stifter bzw. Patrone, wobei der Schwerpunkt auf den Schenkungen von Zehnten und Gütern an die Klöster und Stifte liegt. Zusätzlich wird wiederholt auf die Tatsache aufmerksam gemacht, dass die Gründung eines Klosters ein sich über mehrere Jahre bzw. Jahrzehnte erstreckender Prozess war. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass polnische Zisterzienser sich in der Regel nicht in unbesiedelten Räumen, sondern in wirtschaftlich blühenden Gegenden mit Dörfern, Kirchen und Marktplätzen niederließen.

Im zweiten Teil (Documents) behandeln sieben Aufsätze die wichtigsten Quellen (Urkunden und andere Dokumente) zur Gründung und Ausstattung der Zisterzienserklöster. Sie geben dabei wertvolle Einblicke in die Entwicklung des polnischen Urkundenwesens. Der Schwerpunkt dieses Teils liegt auf den von Zisterziensermönchen gefertigten Fälschungen. Der Autor analysiert die Umstände der Produktion von Fälschungen und die Gründe für ihre Entstehung, und zeigt überzeugend, wie sich polnische Zisterzienser die Vorteile der Urkunde als Beweismittel in Gerichtsverfahren und als Mittel zur rechtlichen Sicherung ihres Eigentums zunutze machten und dadurch auch zur Entwicklung der polnischen Rechtskultur beigetragen haben.

Im dritten Teil (People) handeln vier Aufsätze von Bischöfen und Äbten: sowohl berühmte (wie Janik, Erzbischof von Gnesen, der zusammen mit seinem Bruder das Kloster Jędrzejów gründete) als auch wenig bekannte wie etwa, Maurus († 1118), Bischof von Krakau, oder die ersten Äbte von Kloster Wąchock. Dieser Teil schließt mit einem Beitrag, der den Zisterziensern in Małopolska (Kleinpolen) und ihrer Stellung und Rolle in der Wirtschaft und Kultur Polens im 13. Jahrhundert gewidmet ist. Eine Bibliografie und ein Index vervollständigen den Band.

Die Forschungsperspektive der vorliegenden Aufsatzsammlung ist stark regional geprägt und richtet sich nicht auf die Verbindungen, den Austausch oder die Spannungen zwischen dem Ordenszentrum und der Peripherie. Viele relevante Informationen ermöglichen ein besseres Verständnis der Anpassungsfähigkeit der Zisterzienser an die örtlichen Gegebenheiten und ihres Geschicks, sich die unterschiedlichen Bedingungen zunutze zu machen.

Der Band ist ein wichtiger Beitrag zur Geschichte des Zisterzienserordens. Ihm ist zu wünschen, dass er an der Entwicklung eines Forschungsgebiets mitwirken kann, das von Elizabeth Freeman in einem 2012 erschienenen Aufsatz wie folgend skizziert wurde: "If we can predict one area where future scholarship may gain further insights, it will be by combining our knowledge of wider Cistercian trends with evidence drawn from individual local studies". [1]


Anmerkung:

[1] Elizabeth Freeman: Nuns, in: The Cambridge Companion to the Cistercian Order, ed. by Mette Birkedal Bruun, Cambridge 2012, 100-111, hier 107.

Victoriia Smirnova