Rezension über:

Gwilym Dodd / Craig Taylor (eds.): Monarchy, State and Political Culture in Late Medieval England. Essays in Honour of W. Mark Ormrod (= Political Culture in the Middle Ages; Vol. 1), York: York Medieval Press 2020, XVIII + 229 S., 12 Abb., zahlr. Tbl. , ISBN 978-1-903153-95-6, GBP 60,00
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Rezension von:
Ralf Lützelschwab
Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin
Redaktionelle Betreuung:
Andreas Fischer
Empfohlene Zitierweise:
Ralf Lützelschwab: Rezension von: Gwilym Dodd / Craig Taylor (eds.): Monarchy, State and Political Culture in Late Medieval England. Essays in Honour of W. Mark Ormrod, York: York Medieval Press 2020, in: sehepunkte 21 (2021), Nr. 2 [15.02.2021], URL: https://www.sehepunkte.de
/2021/02/34893.html


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Gwilym Dodd / Craig Taylor (eds.): Monarchy, State and Political Culture in Late Medieval England

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Er gehört zu den führenden Mediävisten Englands. Seine Publikationsliste ist ebenso lang wie diejenige der von ihm für Forschungsprojekte eingeworbenen Mittel. Der Universität York mit ihrem Centre for Medieval Studies ist er seit 1995 und über seine Emeritierung 2017 hinaus als full professor verbunden: Mark Ormrod gilt als einer der besten Kenner der ausdifferenzierten englischen Verwaltungsmaschinerie, und seine 2011 erschienene Biografie über Edward III. gehört mit zum Besten, was das biografische Genre innerhalb der Geschichtswissenschaften in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat. Sarah Rees Jones findet zu Beginn der vorliegenden Aufsatzsammlung persönliche Worte der Würdigung und Wertschätzung (xv-xviii). Für die neun Beiträge der vorliegenden Festschrift zeichnen Schüler und Weggefährten Ormrods verantwortlich. Thematisch-chronologisch bewegen sie sich im Fahrwasser ihres akademischen Lehrers.

Jonathan Mackman behandelt einen Fall von Unterschlagung, der im Umfeld der (außerordentlichen) Steuererhebung von 1332 aufgetreten war (The Unfortunate Fraudster: Thomas de Boulton and the East Riding Lay Subsidy of 1332, 1-20). Quellengrundlage bilden die in der Exchequer-Behörde produzierten Besteuerungslisten und andere verwandte Quellen, deren scheinbar makellose Fassade durchaus Risse aufweist. Korruption und Bereicherung durch Steuereintreiber kamen vor - und Mackman demonstriert dies am Beispiel Thomas' de Boulton, der beauftragt worden war, eine im September 1332 vom Parlament bewilligte Sondersteuer im East Riding (Yorkshire) einzutreiben. Seiner Aufgabe entledigte sich Boulton mit Eifer, freilich stieß man bei einer Überprüfung im Exchequer auf einige Ungereimtheiten in seiner Rechnungslegung. Boulton war es tatsächlich gelungen, rund ein Zehntel der gesamten Steuereinnahmen zu unterschlagen. Angesichts solcher Fälle stellt sich die Frage, wie zuverlässig Aussagen der Forschung über die Steuerkraft Englands tatsächlich sind? Augenmaß und Vorsicht bei der Auswertung dieser Steuerquellen sind jedenfalls angebracht.

Elizabeth Biggs beschäftigt sich mit der Frage, wie Statuten zum "standard and routine definitional document" (22) von Kollegiatskirchen nach 1340 werden konnten (Negotiating and Creating Collegiate Statutes in the Fourteenth Century, 21-38). Statuten erscheinen als Ergebnis von Aushandlungsprozessen, bei denen es sowohl die Interessen der Stifter/Gründer und der an der Kirche tätigen Kleriker, als auch der lokalen kirchlichen Autoritäten zu berücksichtigen galt. Der Aufsatz präsentiert ebenso konzise wie kompetent Statuten als "highly variable, and highly responsive documents" (38), die im besten Falle auf die Zeitläufte reagieren und so das Überleben einer Institution sichern konnten.

Mit einer anderen, für das englische Mittelalter zentralen Institution befasst sich Gwilym Dodd: dem Parlament ("Nother by addicions, nother by diminucions". The Parliament of April 1414 and the Drafting of Late Medieval English Legislation, 117-143). Aushandlungsprozesse stehen auch hier im Mittelpunkt, nämlich diejenigen zwischen den Commons und der Krone im Gesetzgebungsverfahren. Auf Grundlage der parliament und statute rolls wird eine Art "konstitutioneller Zusammenstoß" zwischen den Commons und Heinrich V. auf dem im Frühjahr 1414 in Leicester tagenden Parlament rekonstruiert, wo die Commons darauf drängten, dass das, was schließlich in der parliament roll verzeichnet werden sollte, genau dem entsprechen müsse, was auf dem Parliament in gemeinsamer Beratung beschlossen wurde.

Mit der neben dem Exchequer und der Kanzlei wichtigsten Behörde, dem privy seal, beschäftigt sich Helen Killick. Untersucht wird die Karriere des einer breiteren Öffentlichkeit vor allem als Dichter bekannten Thomas Hoccleve, der als Schreiber im privy seal beschäftigt war (144-163). Der Blick richtet sich hier auf die Urkunden von der Hand Hoccleves. Killick gelingt es, die Quellenbasis um mehr als 900, zumeist an die Kanzlei gerichtete Stücke zu erweitern. Für sein Tun (das eines "supervisor, office-manager, and archivist" (157)) erhielt Hoccleve eine jährliche Vergütung, die sich dadurch steigern ließ, Schriftstücke für vermögende Privatpersonen aufzusetzen und dafür höhere Gebühren einzustreichen. Killick fragt nach den Gründen für die abnehmende Schreibtätigkeit Hoccleves in den 1420er Jahren und sieht die Antwort in seinen anderen Interessen: dem Verfassen von Poesie und dem Kopieren literarischer Werke.

Anthony Musson erläutert die Arbeitsweise und Zuständigkeitsbereiche des Court of Chivalry, der als "Ausgründung" aus dem königlichen Rat um 1340 entstanden war und für die militärische Organisation und Disziplin sowohl auf der Insel als auch auf dem Festland verantwortlich war (Law and Arms. The Politics of Chivalry in Late Medieval England, 94-116). Seine Arbeitsweise war Ende des 14. Jahrhunderts hochumstritten. Grund dafür war die Einbeziehung des kontinentalen ius commune, des römischen Zivilrechts und insbesondere des kanonischen Rechts, so dass der Gerichtshof von vielen als "standing outside the prevailing law and custom of the realm" (98) verunglimpft wurde. Verunglimpfung und üble Nachrede kamen auch in anderen Zusammenhängen vor. Helen Lacey untersucht, inwieweit verleumderische Rede im England des 14. Jahrhunderts toleriert wurde (Defaming the King: Reporting Disloyal Speech in Fourteenth-Century England, 71-93). Die hierbei analysierten Beispiele geben Einblick in die Art und Weise, wie von verschiedenen sozialen Gruppen die Rolle von Untertanen verstanden und gedeutet wurde.

In den Bereich der Emotionsforschung bzw. der Sozial- und Frömmigkeitsgeschichte stoßen James Bothwell und Joanna Laynesmith vor. Während ersterer sich der Frage widmet, wie Edward III. auf den Tod ihm nahestehender Menschen (seiner Frau, seiner Brüder, seiner Kinder, seiner engsten Getreuen), reagierte (39-70), gibt letztere einen Einblick in das Haushaltsreglement von Cecily, der Herzogin von York (1415-1495) (164-187). Diese wertvolle Quelle wird in einem Anhang kritisch ediert und dürfte die Forschung wohl ermutigen, zukünftig nicht nur denjenigen Teil des reglement auszuwerten, der sich mit dem täglichen Leben der Herzogin befasst, besteht der Großteil des Textes doch ganz grundsätzlich aus einer "practical formula for running a household" (182).

Helen Watt richtet den Blick abschließend auf ein von Mark Ormrod angestoßenes Forschungsprojekt, das sich zum Ziel setzte, die erhaltenen Register der Erzbischöfe von York für den Zeitraum von 1225-c.1650 zu digitalisieren, mit einer Suchfunktion auszustatten und im Netz frei zugänglich zu machen (Archbishops' Registers Revealed: Church, State and Society in the Registers of the Archbishops of York, 1225-c.1650, 188-209). [1] Anhand einiger Beispiele aus den Registern wird anschaulich demonstriert, wie sich die bisherige Kenntnis vom sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Interagieren der Menschen in der Erzdiözese York erheblich erweitern lässt.

Der vorliegende Band, der mit Listen der von Mark Ormrod betreuten Dissertationen und der von ihm eingeworbenen Projektmittel schließt, gereicht dem zuletzt etwas in Verruf gekommenen akademischen Subgenre der "Festschrift" zur Ehre. Thematisch und chronologisch wird eine selten anzutreffende Kohärenz erreicht. Sie wird nicht zuletzt dadurch gewährleistet, dass sämtliche Aufsätze ad fontes gehen, d.h. diejenigen Quellen auswerten, um deren Erschließung sich Mark Ormrod selbst so sehr verdient gemacht hat.


Anmerkung:

[1] Rund 22.000 Bilddigitalisate sind abrufbar unter: https://archbishopsregisters.york.ac.uk/. Dadurch wird freilich die Arbeit der 1904 gegründeten Canterbury & York Society nicht obsolet, deren Daseinszweck allein darin besteht, kritische Editionen der Bischofsregister zur Verfügung zu stellen.

Ralf Lützelschwab