KOMMENTAR ZU

Jean-Marie Moeglin: Rezension von: Helga Czerny: Der Tod der bayerischen Herzöge im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit (1347-1579). Vorbereitungen - Sterben - Trauerfeierlichkeiten - Grablegen - Memoria, München: C.H.Beck 2005, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 6 [15.06.2007], URL: http://www.sehepunkte.de/2007/06/9110.html

Von Helga Czerny

Prof. Jean-Marie Moeglin hat in seiner Rezension meiner Dissertation trotz manchen Lobes verschiedene Kritikpunkte angemerkt, die ich in dieser Form nicht akzeptieren kann und zu denen ich deshalb gerne Stellung nehmen möchte.

Wie aus dem Abschnitt A.3 Methode und Gliederung zu ersehen ist, war ein Ziel der Arbeit, über einen langen Zeitraum von mehr als zwei Jahrhunderten die Vorgänge um den Tod der einzelnen Mitglieder einer Dynastie, in diesem Fall der Wittelsbacher, zu erarbeiten und darzulegen. Diesem Anliegen folgend wurden alle Quellen angeführt, also auch bekannte, wobei man sich stets fragen kann, wem das "Bekannte" denn wirklich bekannt ist. Die Arbeit wendet sich nicht nur an eine kleine Gruppe von Fachspezialisten, sondern an eine größere Öffentlichkeit, an die große Allgemeinheit der Historiker und landesgeschichtliche Interessierte. Dazu ist es notwendig, mehrfach zitierte, aber nicht allen bekannte Historiographen vorzustellen, um dem Leser zu ermöglichen, den Aussagewert ihrer Quellen einschätzen zu können. Bleibt zu erwähnen, dass sich in den relevanten Archiven in Bayern - trotz mehrfacher Nachfrage - keine der vom Rezensenten angemahnten, weiteren Rechnungen und finanziellen Quellen außer den in der Arbeit bereits verwendeten finden lassen.

Erst auf der beschriebenen breiten Basis ist es möglich, mentalitätsgeschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und Vergleiche anzustellen. Die bisherige Forschung ging von ausgewählten Einzelbeispielen aus, an Hand deren dann theoretische Überlegungen angestellt wurden. Wurden bisher einzelne Aspekte aus verschiedenen Zeiträumen verglichen, so bietet die rezensierte Arbeit ein ganzes, bereits zusammengesetztes Puzzle an, das einer umfassenden Einordnung auch standhalten kann.

Teil II. Analyse der Vorgänge, Vergleich mit anderen Personengruppen setzt sich u.a. detailliert mit der Thematik der Sterbe- und Begräbnisrituale auseinander, geht auf die grundlegende Forschung ein und bietet ein breites Spektrum an Vergleichsbeispielen. Die Abläufe der Rituale in Bayern werden gemessen an der allgemeinen Entwicklung sowie an den speziellen Ausprägungen bei anderen Personengruppen; dabei werden die Unterschiede bzw. Übereinstimmungen herausgestellt, die in der Stellung innerhalb der Hierarchie sowie in der persönlichen Haltung der Wittelsbacher begründet sind. Die systematisch erarbeiteten Tatsachen sollen allerdings bewußt für sich selbst sprechen. Auf eine Diskussion der reichlich vorhandenen Literatur, die wie beschrieben auf Einzelbeispielen fußt, wurde deshalb weitgehend verzichtet.

Speziell die politische Bedeutung der Memoria wird profund erarbeitet und diskutiert im dritten Teil der Arbeit, der sich mit den Grablegen befasst, die Stelle, an der diese Einschätzung ihren richtigen Platz hat. Dieses Kapitel wird in der Rezension lediglich mit einem einzigen Satz erwähnt. Der interdisziplinäre Ansatz, die enge Verknüpfung von Geschichte und Kunst, mit dessen Hilfe der bedeutenden Frage der Memoria nachgegangen wird, wurde nicht gesehen. Bei jeder einzelnen Grablege wird u.a. untersucht, in welcher Form die liturgische Memoria inszeniert wurde, welche Orden damit betraut waren, warum etwa eine Grablege in die Residenzstadt verlegt und dort ein Kollegiatstift errichtet wurde. Die Wahl der gestalterischen Form der Grabmäler, ihre räumliche Anordnung, meist in direkter Verbindung mit einem Altar, an dem die Gottesdienste und Gebete stattfanden, die Auszeichnung und Aufwertung der Grablege durch Reliquien sind wichtige Elemente der Memoria und damit der würdigen Repräsentation eines Herrschergeschlechts. Auch in diesem Abschnitt ermöglicht ein weitläufig angelegter Vergleich mit anderen Herrscherhäusern die Einordnung der Wittelsbacher.

Anmerkung der Redaktion:
Jean-Marie Moeglin hat auf eine Replik verzichtet.