John Williams, Augustus, München 2016.
Wie sah Augustus die Welt als er noch Octavian genannt wurde? Wie fühlt und erlebte die römische Oberschicht das Ende der Republik, ohne das Wissen vom kommenden Kaisertum zu haben? In John Williams' multiperspektivischen Roman wird das sich entwickelnde Prinzipat des ersten römischen Kaisers aus einer emotionalen und sozialen Perspektive greifbar. Empathisch und detailreich lässt er Augustus, seine Familie, Feinde und Freunde miteinander verhandeln, Pläne schmieden und ringen. Der Roman beeindruckt vor allem durch seine sprachliche Varianz, bei der jeder Protagonist durch eine charakteristische Wortwahl und Sprache lebendig dem Lesenden vor Augen tritt. So wird das erste Kaisertum nicht erzählt als kalter Masterplan, sondern als kontingente Entwicklungsgeschichte, die von Menschen und ihren Stärken und Schwächen geprägt war. Die erst 2016 erschiene deutsche Ausgabe des lange Zeit kaum rezipierten John Williams glänzt nicht nur durch ihre Sprachgewalt, sondern macht auch dem deutschen Publikum diesen höchst anregenden Roman verfügbar.
Tobias Capwell, Armour of the English Knight. Continental Armour in England. 1435–1500, London 2015.
Wer Freude daran hat über spätmittelalterliche Rüstungen zu fachsimpeln, für den wird kein Weg am nunmehr dritten Band von Capwells Reihe Armour of the English Knight vorbeiführen. Dieses Buch schließt eine große Lücke, weil es sowohl das Wissen über die englische Rezeption kontinentaler Rüstungen zusammenträgt, als auch einen wichtigen Überblick über jedes Detail der spätmittelalterlichen Rüstungen in diversen Entwicklungsschritten nachvollziehbar macht. Das Buch eignet sich gut als Grundlage, um mit empörten Unterton die miserable Ausstattung des nächsten Mittelalter-Filmes zu bedauern, und darüber hinaus auch, um ein Auge für die jeweils eigene Funktion und Ästhetik der vielfältigen europäischen Rüstungskultur zu entwickeln.
Gunther Hirschfelder, Manuel Trummer, Bier. Die ersten 13000 Jahre, Darmstadt 2022.
Die zweite durchgesehene Auflage von Gunther Hirschfelder und Manuel Trummers Buch vermittelt in unterhaltsamer und ansprechender Form seinem Publikum einen faszinierenden Einblick in die Geschichte des Bieres. Die Autoren liefern eine umfassende Kulturgeschichte mit globaler Perspektive, die für den historisch interessieren Biertrinkenden kaum mehr Fragen offenlassen. Kenntnisreich und mit einem Auge für erstaunliche und lehrreiche Zusammenhänge wird hier der große Bogen in einer durchwegs kurzweiligen kulinarischen Entwicklungsgeschichte gespannt. Auf circa 200 Seiten durchwandert der Lesende nicht nur 13.000 Jahre der Menschheitsgeschichte, sondern auch jeden Kontinent mit seiner jeweils eigenen Bierkultur.