Václav Bok: Der Breslauer Stadtschreiber Peter Eschenloer. Übersetzung des Berichts von Robertus Monachus über den Ersten Kreuzzug (= Schriften zur Mediävistik; Bd. 26), Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2018, 473 S., ISBN 978-3-8300-9282-7, EUR 129,80
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Diese Rezension erscheint auch in der Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung.
Kristin Skottki: Christen, Muslime und der Erste Kreuzzug. Die Macht der Beschreibung in der mittelalterlichen und modernen Historiographie, Münster: Waxmann 2015
Megan Cassidy-Welch: War and Memory at the Time of the Fifth Crusade, University Park, PA: The Pennsylvania State University Press 2019
D. Kempf / M. G. Bull (eds.): The Historia Iherosolimitana of Robert the Monk, Woodbridge / Rochester, NY: Boydell & Brewer 2013
Heinz Halm: Kalifen und Assassinen. Ägypten und der Vordere Orient zur Zeit der ersten Kreuzzüge 1074-1171, München: C.H.Beck 2014
Susan B. Edgington / Helen B. Nicholson (eds.): Deeds Done Beyond the Sea. Essays on William of Tyre, Cyprus and the Military Orders presented to Peter Edbury, Aldershot: Ashgate 2014
Nach der Edition der Übersetzung der Historia Bohemica des Enea Silvio Piccolomini von Peter Eschenloer von 2005 hat sich Václav Bok nun der Edition der zweiten Übersetzung Eschenloers, der Historia Hierosolymitana von Robertus Monachus, eines ausführlichen Berichts über den ersten Kreuzzug ins Heilige Land, angenommen. Der Leser vermisst zu Beginn eine kurze Einleitung, die den einführenden Kapiteln vorangeht und den Leser allgemein an die Zielsetzung der Edition heranführt, die Bedeutung des Werkes kurz skizziert und dieses in einem größeren Kontext innerhalb der Forschung verortet. Am Beginn des Bandes stehen ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Verzeichnis der benutzten Abkürzungen. Ungewöhnlich und etwas irritierend ist, dass der Herausgeber jeweils die vollständige URL der digitalisierten Forschungsliteratur und Quelleneditionen angibt. Mag dies bei den genutzten Datenbanken wie Manuscripta Mediaevalia oder dem Gesamtkatalog der Wiegendrucke zweifellos seine Berechtigung haben, so geht dies im Verzeichnis der (gedruckten) Quelleneditionen und der Forschungsliteratur auf Kosten der Übersichtlichkeit, zumal der kundige Leser auf den Internetseiten der einschlägigen Digitalisierungsprojekte wie archive.org oder Gallica den gesuchten Titel sicherlich schneller in die Suchmaske eingibt als die von Bok vollständig aufgeführte URL. Hier wäre ein Hinweis auf das Digitalisat mit einem Verweis auf das jeweilige Digitalisierungsprojekt ausreichend gewesen.
Auf den ersten 36 Seiten bietet Bok eine Einführung in das Werk und zum Autor der Historia Hierosolymitana sowie in die Rezeption des Werkes. Im dritten Kapitel werden die zahlreichen mittelalterlichen und neuzeitlichen Übersetzungen der Historia vorgestellt. Die Vielzahl der Übersetzungen weist auf eine sehr lebhafte Rezeption des Werkes hin. Im vierten Kapitel widmet sich Bok der Vita des Übersetzers, dem aus Nürnberg stammenden Breslauer Stadtschreiber Peter Eschenloer, der die Übersetzung der Historia von Robertus Monachus als Auftragsarbeit des Breslauer Stadtrats 1466 zum Abschluss brachte.
Im fünften Kapitel folgen die Beschreibungen der beiden Handschriften, der Prager Handschrift (P) und der Handschrift von Wrocław (W), die Editionsgrundsätze und die eigentliche Edition der Übersetzung. Die Edition nimmt mit 235 Seiten die Hälfte des Bandes ein. Neben der Übersetzung der Historia Hierosolymitana ediert Bok auch zwei Briefe aus der Zeit nach der Eroberung Jerusalems, eine kurze Geschichte des Königreichs Jerusalem sowie einen Pilgerführer ins Heilige Land, welche in beiden Handschriften zusammen mit der Historia überliefert sind. Aufgrund der zeitlichen Nähe der Handschrift P zum Zeitpunkt der Übersetzung des Werkes durch Eschenloer gibt der Editor ihr als Leithandschrift den Vorzug. Im Textapparat werden in Fußnoten in arabischen Zahlen die Lesarten der Handschrift W sowie andere Besonderheiten aufgeführt. Fehler in der Leithandschrift werden im edierten Text in emendierter Form kursiv gesetzt und im Apparat durch die beiden Varianten von P und W angegeben. Fehlende Buchstabe werden wiederum in eckigen Klammern ergänzt, sodass die Eingriffe des Editors in den Text stets sichtbar sind. Prinzipiell wird eine möglichst originalgetreue Textwiedergabe angestrebt. Die Abkürzungen in der Leithandschrift werden in der Edition aufgelöst. Den damit verbundenen Problemen widmet der Editor ein Unterkapitel (86?89).
Im Anschluss an den Editionstext folgt der Einzelstellenkommentar, der ausführliche Informationen zu den im Editionstext genannten Personen, Orten und Ereignissen enthält. Aufgrund der Gestaltung in Form von Endnoten ist der Kommentar gerade als Einzelstellenkommentar ausgesprochen leserunfreundlich, zumal die Zählung der Endnoten nach jedem Buch neu einsetzt, sodass der Leser zwischen dem Editionstext und dem Kommentar hin und her blättern muss, um den gesuchten Kommentar zu finden. Störend und unnötig sind die Verweise auf diverse Internetressourcen, allen voran Wikipedia. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob das Zitieren von Wikipedia-Artikeln in wissenschaftlichen Arbeiten überhaupt sinnvoll ist. Die Platzierung des Kommentars als zweiten Apparat in die Fußnoten sowie die Beschränkung auf die wichtigsten Informationen in knapper Form hätten die Benutzung der Edition und vor allem des Kommentars wesentlich erleichtert.
Im sechsten Kapitel begründet Bok ausführlich die Wahl der Leithandschrift und versucht anhand der übereinstimmenden Stellen in den beiden Handschriften einen Archetypus zu rekonstruieren, worunter er die nicht erhaltene Reinschrift von Eschenloers Übersetzung versteht. Aufschlussreich sind die Abbildungen jeweils der ersten Seite in den beiden Handschriften P und W, sodass sich der Leser an dieser Stelle exemplarisch ein Bild von der Textgrundlage der Edition machen kann. Bok geht auf der Grundlage einer textkritischen Untersuchung davon aus, dass die beiden Handschriften nicht direkt voneinander abhängig sind und zwei unterschiedliche Zweige der Überlieferung darstellen. Abschließend stellt er fest, dass die Handschrift P näher am lateinischen Text der Historia und somit auch näher an der vermeintlichen Reinschrift der Übersetzung sei, während die Handschrift W mehr Veränderungen aufweise.
In den letzten beiden Kapiteln untersucht Bok Eschenloers Übersetzung und geht dabei auf ausgewählte Themenbereiche wie Rüstung und Waffen oder die Beziehungen zwischen Christen und Heiden sowie bestimmte Stilmerkmale der Übersetzung ein. Abschließend befasst er sich mit den Beurteilungen der übersetzerischen Leistung Eschenloers in der Forschung. Der Editionstext und der analytische Teil der Arbeit werden durch ein Personen- und Ortsnamenregister zuverlässig erschlossen. Zu hinterfragen sind lediglich die zahlreichen Querverweise auf Haupteinträge von Personen und Orten, die das Register teilweise etwas unübersichtlich machen.
Ungeachtet der genannten Kritikpunkte überzeugt Boks Edition. Der nun zugängliche Text der Historia bietet eine ausgezeichnete Grundlage für weitere wissenschaftliche Forschungen.
Remigius Stachowiak