Matthias Schnettger: "Die vielen Gesichter" eines Kaisers, "dem die Welt zerbrach". Zwei neue Biographien Karls V. Einführung, in: sehepunkte 21 (2021), Nr. 1 [15.01.2021], URL: https://www.sehepunkte.de
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Von Matthias Schnettger
Jubiläen haben unbestreitbar Auswirkungen auf die Konjunkturen der historischen Forschung. Dabei werden üblicherweise nicht nur Einzelstudien, sondern vielfach auch umfassende Synthesen angestoßen. Das gilt auch für diejenigen Jubiläen, die mit historischen Persönlichkeiten verknüpft sind. Und so haben 2019/2020, als sich die Wahl und die Krönung Karls V. zum Römischen König bzw. Erwählten Römischen Kaiser (1519/20) zum fünfhundertsten Mal jährte, mit Geoffrey Parker und Heinz Schilling zwei Altmeister der Frühneuzeitforschung ausführliche Biographien dieses Habsburgers vorgelegt. Ihnen ist dieses FORUM gewidmet. Mit Bettina Braun und Christine Roll konnten zwei exzellente Kennerinnen der Geschichte des 16. Jahrhunderts für die Besprechung dieser beiden Bände gewonnen werden, die das Zeug haben, zu neuen Standardwerken zur Geschichte Karls V. zu avancieren.
Bei beiden Bänden handelt es sich - so viel darf vorweggenommen werden - nicht bloß um "noch zwei" Biographien Karls V., die alternativ zu anderen gelesen werden können, wie dem alten Standardwerk Karl Brandis [1] oder den Bänden, die Ernst Schulin [2], Alfred Kohler [3] und Luise Schorn-Schütte [4] vor zwanzig Jahren anlässlich des 500. Geburtstags des Kaisers vorgelegt haben. Vielmehr stellen sie Annäherungen an die Persönlichkeit und das Leben Karls V. dar, die sich auf der Höhe der aktuellen Forschung bewegen. Zugleich entwickeln sie je eine spezifische Perspektive auf den Gegenstand, die ihrerseits die wissenschaftliche Biographie des jeweiligen Verfassers reflektiert: Geoffrey Parker hat sich nicht zuletzt der Militärgeschichte, dem Reich der spanischen Habsburger in seinen vielfältigen Beziehungen und Bezügen sowie der "Krise des 17. Jahrhunderts" gewidmet, kann aber getrost als Generalist im besten Wortsinne verstanden werden. Auch Heinz Schilling hat sich in den letzten Jahren immer stärker europäischen, ja globalen Themen gewidmet. Sein eigentliches Profil ist aber das eines Historikers der Reformation in Mitteleuropa, der sich insbesondere als einer der Väter der Konfessionalisierungsthese einen Namen gemacht hat. Die Untertitel "Die vielen Gesichter Karls V." [5] bzw. "Der Kaiser, dem die Welt zerbrach" geben gewissermaßen den Lesenden bereits einen Schlüssel für die Lektüre der Biographien - und der Rezensionen! - an die Hand.
Ich wünsche eine spannende Lektüre!
Anmerkungen:
[1] Karl Brandi: Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreiches. 2 Bände. Erstauflage München 1937-1941.
[2] Ernst Schulin: Kaiser Karl V. Geschichte eines übergroßen Wirkungsbereichs. Stuttgart 1999.
[3] Alfred Kohler: Karl V., 1500-1558. Eine Biographie. München 1999.
[4] Luise Schorn-Schütte: Karl V. Kaiser zwischen Mittelalter und Neuzeit. Erstauflage München 2000 (Beck'sche Reihe; 2130).
[5] So der Untertitel der deutschen Übersetzung von Parkers Biographie.