Gerhard Fritz (Hg.): Geschichte und Fachdidaktik. Ein Studienbuch für Studierende. Grund-, Haupt- und Realschule (= Einführung in das Geschichtsstudium an Pädagogischen Hochschulen; Bd. 2), Stuttgart: W. Kohlhammer 2012, 190 S., ISBN 978-3-17-021356-2, EUR 19,90
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Die Zahl der grundlegenden Einführungswerke in die geschichtswissenschaftlichen Teildisziplinen hat sich in den letzten Jahren, besonders als Folge der umfassenden Modularisierung aller Studiengänge, deutlich erhöht. Auch für die Didaktik der Geschichte liegen einige Grundlagenwerke vor, die im Studium, im Referendariat und dem schulischen Alltag stark rezipiert werden.[1] Just in dieses Marktsegment stößt nun auch das anzuzeigende Buch, das als zweibändiges Einführungswerk konzipiert ist. Während der erste, hier nicht besprochene Band die Fachwissenschaft Geschichte thematisiert, setzt sich der zweite Band mit Geschichte und Fachdidaktik auseinander. Darin versuchen sieben Autoren, die an Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg, der Schweiz und Österreich Didaktik der Geschichte lehren, eine Einführung vorzulegen, die sich, wie schon der Untertitel verrät, primär an Studierende der Grund-, Haupt- und Realschullehrämter (vorrangig der Pädagogischen Hochschulen) wendet. Warum dieser Zugriff notwendig erscheint und worin er begründet ist, klärt der Band Geschichte und Fachdidaktik allerdings nicht.
Dagegen stellt er in drei Großkapiteln sehr unterschiedliche Aspekte dar. Zunächst werden der Aufbau und die Organisation eines Geschichtsstudiums beschrieben. Der Leser erfährt dabei, welche Anforderungen an Hausarbeiten oder Prüfungen im Geschichtsstudium für ein Lehramt gestellt werden. Was all das, ebenso wie die Frage, ob "Überblickswissen" im Fach Geschichte für ein erfolgreiches Studium notwendig ist, genuin mit Geschichte und Fachdidaktik zu tun hat, bleibt indes unklar.
Es schließt sich ein zweites Kapitel unter der Überschrift "Fachdidaktik" an, das die Kategorie des Geschichtsbewusstseins richtigerweise als zentrales Thema der Didaktik der Geschichte herausstellt und darauf verweist, dass gerade im schulischen Rahmen Geschichte inzwischen als "Denkfach" angesehen werde (38). Umfangreich geht es anschließend um die aktuelle Debatte um Kompetenzen im Geschichtsunterricht. Allerdings konzentriert sich der Band dabei fast ausschließlich auf das Modell der FUER-Gruppe, andere Konzeptionen werden nur am Rande erwähnt oder, wie etwa Peter Gautschis Überlegungen zum "Guten Geschichtsunterricht", vollständig ausgeklammert. Spätestens im Kapitel "Konsequenzen des Paradigmenwechsels für den Geschichtsunterricht" treten dann aber die grundsätzlichen Bedenken gegenüber den Kompetenzüberlegungen offen zutage. Nicht ohne Berechtigung wird auf die Gefahr einer Trennung von historischen Inhalten und der Ausprägung von Kompetenzen gewarnt und eine "Enthistorisierung des Geschichtsunterrichts" (49) abgelehnt.
Als weitere Abschnitte im Bereich "Fachdidaktik" schließen sich "Geschichte im Museum", "Geschichte in den Medien" und "Das Problem der Reduktion" an. Schon diese Zusammenstellung zeigt, dass die Gliederung des Bandes nicht immer überzeugen kann, zumal sich als drittes Großkapitel mit "Methodik des Geschichtsunterrichts" ein sehr unterrichtspraktisch ausgerichteter Abschnitt anschließt. Darin wird unter anderem sehr umfassend aufgezeigt, wie, dem von Uwe Uffelmann entwickelten Konzept des problemorientierten Unterrichts folgend, eine Unterrichtsstunde zum Kieler Matrosenaufstand des Jahres 1918 entwickelt werden könnte. Hiermit erkennt der Band tatsächlich eine Lücke, da bislang in den Einführungswerken der Transfer theoretischer didaktischer Überlegungen in eine konkrete Unterrichtsstunde kaum angegangen worden war. Abgerundet wird der Band durch Abschnitte zur Quellenarbeit, dem Umgang mit Schulbüchern, der Arbeit mit PC und Internet sowie der Stellung von Lokal- und Regionalgeschichte versus Universalgeschichte (139). Aufgegriffen werden ferner das historische Lernen in der Grundschule, außerschulische Lernorte, worunter vor allem Museen und Archive verstanden werden, sowie Möglichkeiten der Lernzielkontrolle im Geschichtsunterricht.
Alleine die Nennung all dieser Einzelkomplexe zeigt, wie vielfältig die Themen in dem vorliegenden Band sind. In den Einzelkapiteln werden zum Teil wertvolle Anregungen vermittelt, so etwa zum Umgang mit Stadtlandschaften als historisch gewachsenen Strukturen (167). Insgesamt gelingt es den unterschiedlichen Autoren allerdings nicht, diese Pluralität in einen zusammenhängenden und überzeugenden Kontext zu platzieren. Zudem beschränken sich die angeführten Verweise, etwa zu den Zielen des historischen Lernens (40), zumeist auf den Bereich Baden-Württembergs. Warum sich der Band auf Studierende der Pädagogischen Hochschulen und mithin auf Lehramtsstudierende für Grund-. Haupt- und Realschulen beschränkt, kommt im Text zu wenig zum Ausdruck. Welche spezifischen Arbeitsweisen im Studium nur in diesen Studiengängen notwendig sind oder worin die Unterschiede zu anderen Lehramtsstudiengängen bestehen, wird nicht hinreichend geklärt.
Abschließend ist Geschichte und Fachdidaktik als grundlegender Ansatz zu begrüßen, für Studierende ein Einführungswerk zu schaffen, das ihnen die Orientierung innerhalb der Geschichtswissenschaft und ihrer Didaktik erleichtert. Jedoch bleibt der Band hinter anderen, bereits vorliegenden Einführungswerken, die sich dezidiert als Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten oder die Didaktik der Geschichte verstehen, leider zurück.
Anmerkung:
[1] Michael Sauer: Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik, 10. Aufl., Seelze-Veber 2012.
Christian Kuchler