Reiner Zimmermann: Evangelisch-katholische Fürstenfreundschaft. Korrespondenzen zwischen den Kurfürsten von Sachsen und den Herzögen von Bayern von 1513 - 1586 (= Friedensauer Schriftenreihe. Reihe A: Theologie; Bd. 6), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2004, 181 S., ISBN 978-3-631-52854-9, EUR 39,00
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Die Edition bietet eine Auswahl aus der kursächsisch-bayerischen Korrespondenz in der Zeit von 1513 bis 1586. Sie wird ergänzt durch einige mitgeschickte Zeitungen und einige Aktenstücke, die einzelne Gegenstände der Korrespondenz (z. B. Interzession zugunsten Herzog Johann Friedrichs d. M. von Sachsen) betreffen.
Den Anstoß zur Edition gaben die zeitweise vertrauensvollen Beziehungen zwischen Herzog Albrecht V. von Bayern und Kurfürst August von Sachsen. Sie gelten dem Herausgeber als Beispiel für "versöhnte Verschiedenheit" (5), die ihm auffällig erscheint, weil die beteiligten Fürsten "in ihrer Zeit eigentlich hätten Gegner sein müssen" (5). Dabei wird übersehen, dass trotz Glaubensspaltung und konfessioneller Konkurrenz die Fürsten in der Regel auf zahlreichen Handlungsfeldern des politischen Alltags kommunikations- und kooperationsfähig blieben und keineswegs eine absolute politische Funkstille zwischen den konfessionellen Lagern herrschen musste. Dies gilt nicht nur für den standesüblichen Austausch von Familiennachrichten zwischen Hochadligen und verwandten Dynastien (Todesfälle, Geburten, Heiraten), sondern auch für den Austausch von Informationen über Truppenwerbungen, bedenkliche Machenschaften einzelner Fürsten, militärische Operationen Krieg führender Parteien etc., wie ihn die Edition belegt. Dass sich die Korrespondenz zwischen Albrecht V. von Bayern und August von Sachsen in den Jahren zwischen 1563 und 1565 verdichtete, erklärt sich nicht vorrangig aus dem guten persönlichen Verhältnis zwischen beiden Fürsten, sondern vor allem aus der gemeinsamen Furcht vor angeblichen, die Fürstenherrschaft bedrohenden Umsturzplänen des niederen Adels. Die Übermittlung mehr oder weniger verlässlicher Informationen, die im Übrigen nicht selten auf Gerüchten basierten, war in solchen Situationen Teil des politischen Alltags, zu dem auch die Bereitschaft zu juristischer Amtshilfe wie im ausführlich dokumentierten Fall des ehemaligen Rittmeisters Georg von Geusau zählte.
Es ist allerdings auch kein Zufall, dass die bayerisch-kursächsische Korrespondenz aussetzte bzw. sich auf Marginalien reduzierte, als die konfessionellen Differenzen zu einer divergenten politischen Meinungsbildung führten. Sobald der Eindruck entstand, dass wichtige Interessen der einen oder anderen Konfessionspartei auf dem Spiel stünden bzw. sobald dies tatsächlich der Fall war, verengte sich der Spielraum "guter Korrespondenz" zwischen konfessionsverschiedenen Fürsten erheblich. Auch das persönlich gute Verhältnis zwischen Albrecht V. und Kurfürst August war unter solchen Vorzeichen nur begrenzt belastbar. Es eignet sich deshalb auch nicht als Fallbeispiel interkonfessioneller Verständigungsbereitschaft. Dies wird vollends deutlich, wenn man die vom Herausgeber ausgesparten bzw. nur in Fußnoten berücksichtigten, politikgeschichtlich ergiebigen und aussagekräftigen Stücke der kursächsisch-bayerischen Korrespondenz heranzieht, die Walter Goetz bereits am Ende des 19. Jahrhunderts publiziert hat.
Auch die Editionstechnik provoziert Kritik. Bei Nr. 2 handelt es sich nicht um ein offizielles Kondolenzschreiben Herzog Wilhelms von Bayern an Kurfürst Friedrich von Sachsen, sondern um eine Anweisung Herzog Wilhelms an bayerische Klöster, Trauergottesdienste für den verstorbenen Erzbischof Ernst von Magdeburg abzuhalten. Das Kondolenzschreiben Herzog Wilhelms IV. von Bayern (Nr. 3) ist nicht "persönlich gehalten" (24), sondern folgt dem üblichen zeitgenössischen Stil. Bei Nr. 5 handelt es sich aus inhaltlichen Gründen ganz offenkundig um eine Fälschung. Warum der Konsonantenbestand nicht normalisiert wurde und Adjektive, die von Orts- und Ländernamen oder Bezeichnungen von Amtsträgern (Papst, Kaiser) abgeleitet sind, groß geschrieben werden, ist nicht nachvollziehbar. Die Zeichensetzung beachtet oft genug nicht die syntaktischen Zusammenhänge. Wiederholt drängt sich die Vermutung auf, dass offenkundig Lesefehler unterlaufen sind.
Die Edition ist nicht nur aus solchen formalen Gründen unbefriedigend, sie ist auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten nicht eben ein besonderer Gewinn für die Forschung.
Albrecht P. Luttenberger