Von Günter Bayerl / Dirk Maier,
Lehrstuhl für Technikgeschichte, BTU Cottbus
In seiner Rezension des von uns herausgegebenen Buches sind Alexander Schunka einige Mißverständnisse unterlaufen, die zu einem falschen Eindruck über die Inhalte und Intentionen unseres Buches führen könnten.
Hierbei handelt es sich zunächst um die allgemeinen Aussagen des Rezensenten, aus denen nicht hervorgeht, dass von Herausgebern wie auch Autoren durchaus betont wurde, dass es sich bei dem vorliegenden Werk zuallererst um eine explorative Studie handelt, deren Anliegen es ist, die bislang in der Kulturlandschafts- und Umweltgeschichte vernachlässigte Niederlausitz einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Auch können wir nicht erkennen, dass die "verbindende Klammer [der Beiträge, d.Vf.] ... die Veränderungen eines vorwiegend ästhetisch definierten Landschaftsgefüges" sein soll. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Wenn auch in einigen Beiträgen durchaus die Landschaftsästhetik bemüht wird, versuchen doch die meisten Beiträge sich gerade von dieser Sicht auf das Phänomen Kulturlandschaft zu lösen. Vielmehr sind es die geographischen, politischen und ökonomischen Dimensionen der Niederlausitzer Kulturlandschaft, die in diesem Band exemplarisch aufgezeigt werden.
Durchaus nachvollziehbar scheint zunächst der vom Rezensenten erhobene Vorwurf, dass der Begriff der "Störung" der Landschaft unscharf bliebe. Daß gerade aus historischer Perspektive dieser Begriff problematisch ist, wurde von uns eingehend thematisiert, wie auch der Versuch unternommen, eine erste Annäherung zu formulieren (327 ff.; bes. 344 ff.). Unbeachtet bleibt dementsprechend vom Rezensenten, dass unsere Studien im Rahmen eines interdisziplinär angelegten Sonderforschungsbereiches entstanden sind, in dem der Begriff der Störung aus sozio-ökonomischer und naturwissenschaftlicher Sicht eine zentrale Rolle spielt und gerade deshalb nicht durch eine einengende Definition von vorneherein seine heuristische Fruchtbarkeit verlieren sollte. Damit bleibt er - wie im Band durchaus betont - bewußt relativ offen.
Irritation löst allerdings die Verdrehung von Kausalketten durch den Rezensenten in Bezug auf den Beitrag von Günter Bayerl aus. Während der Rezensent meint, der Autor sehe in der Industrialisierung die aufkommende "Störung" der Landschaft, wird im Text selbst das Gegenteil ausgeführt, nämlich dass die Auflösung der alten feudalen Ordnung eine "Störung" der herkömmlichen Landnutzung darstellte, die das Industriesystem einleitet (115). Ebenso irrt der Rezensent, wenn er dem Autor unterstellt, aufgrund von Reiseberichten aus dem 18. Jahrhundert, in denen die "Rückständigkeit der Niederlausitz und die soziale Statik der Bevölkerung" beschworen wird, eben diese als real gegeben abzuleiten. Wie der Beitrag ausführlich zeigt, ist auch hier gerade das Gegenteil der Fall.
Ebenso überraschend erscheint uns, die Bedeutung der Sorben für die Landschaftsentwicklung prominent zu verorten, wie der Rezensent indirekt fordert. So verdeutlichen die aktuellen landesgeschichtlichen Forschungen nachdrücklich, dass durch die erneute "Aufrichtung deutscher Herrschaft und dem damit verbundenen Landesausbau und der Christianisierung im 12./13. Jahrhundert ... eine vergleichsweise einfache und rationale, gewissermaßen 'koloniale' Kulturlandschaft nach modernen Gesichtspunkten der Zeit planmäßig gestaltet" [1] wurde. Insofern bestätigen neuere Forschungen durchaus noch die von Rudolf Lehmann formulierten Thesen. Auch von daher erstaunt, dass der auszugsweise Abdruck aus Lehmanns "Geschichte der Niederlausitz", 1963 erneut von der Berliner Historischen Kommission herausgegeben, den Unwillen des Rezensenten nach sich zieht. Gerade da der Lehmannsche Duktus unverkennbar ist, ist auch dessen Zeitgebundenheit unschwer zu erkennen. Eine quellenkritische Einordnung, wie es sich der Rezensent vorstellt, scheint daher nicht zwangsnotwendig, sie hätte zudem die Kohärenz des Bandes gesprengt.
Als zumindest unglücklich erachten wir darüberhinaus den Pauschalvorwurf bezüglich des einleitenden Artikels, dass dieser auf einer selektiven Quellenauswahl beruhe. Gegenüber diesem beliebigen 'Totschlagargument' sei darauf verwiesen, dass gerade in diesem Beitrag der Autor seine Quellenauswahl darlegt und begründet (10f.), somit also auch die Reichweite seiner Thesen eingeschränkt bleibt. Eine etwas sorgfältigere Lektüre der grundlegenden Thesen des Bandes hätte wohl auch dem Rezensenten verdeutlicht, dass Herausgeber und Autoren gerade gegen die herkömmlichen Vorurteile gegenüber der Landschaft Niederlausitz anschreiben, die er wieder ins Feld führt.
Anmerkung:
[1] Winfried Schich, Die ostelbische Kulturlandschaft des 10. und 12. Jahrhunderts im Vergleich, in: Michael Borgolte (Hg.), Polen und Deutschland vor 1000 Jahren. Die Berliner Tagung über den "Akt von Gnesen". Berlin 2002, 61-89, hier: 81.