sehepunkte 25 (2025), Nr. 12

Anne, Lady Halkett: A True Account of My Life and Selected Meditations

Anne Halkett (1621/3-1699) ist der englischen Forschung als Autorin religiöser Schriften und einer Autobiographie, aber insbesondere als loyale Anhängerin König James' VII./II. bekannt, war sie doch in dessen Flucht aus dem St. James's Palace im Zuge des englischen Bürgerkriegs 1648 verwickelt. Suzanne Trill legt nun eine sprachlich modernisierte Edition der Autobiographie und ausgewählter Meditationen vor. Damit ergänzt sie ihre bereits 2007 erschienene Edition ausgewählter Schriften Halketts [1] mit dem Ziel, sie für ein breiteres Publikum und insbesondere auch für den englischen Schulunterricht zugänglich zu machen.

Die Autobiographie, die den Titel A True Account of My Life trägt, entstand zwischen September 1677 und April 1678 und beschreibt die Jahre 1644-1656, also die Zeit des englischen Bürgerkriegs bis in die Herrschaft Cromwells. Leider endet das überlieferte Manuskript mitten im Satz, wieviel verloren gegangen ist, ist nicht klar. Die Editorin geht allerdings davon aus, dass Halkett ihre Lebensgeschichte bis in die Restaurationszeit dokumentieren wollte.

Begleitet werden Autobiographie und Meditationen von einer ausführlichen Einleitung, in der Trill Halketts Leben und ihre Beziehungen nachzeichnet und in den Forschungskontext einordnet sowie ihre Schriften charakterisiert. Sie betrachtet Halkett dabei aus einer intersektionalen Perspektive: Dem Selbstverständnis nach Engländerin mit schottischen Eltern und einem schottischen Ehemann, die lange Zeit in Schottland gelebt hat, als Royalistin aus der Gentry, als Frau, die sich wiederholt für ihren Lebenswandel rechtfertigen musste, stand sie für Trill zwischen verschiedenen sozialen Gruppen und lässt sich am besten als "something of a paradoxical figure who resists categorization" (2) beschreiben.

In ihrer Einleitung liefert Trill anregende Interpretationsansätze und Perspektiven auf Halkett und ihre Schriften. Dabei fokussiert sie auf Aspekte, die von der Forschung bislang weniger beachtet wurden: Hierzu zählen insbesondere Halketts Beziehungen zu anderen Frauen, die wenig überraschend meist weniger Aufmerksamkeit erhielten als ihre Beziehungen zu Männern: hier insbesondere zu ihrer Mutter und ihrer Schwester sowie zu verschiedenen Dienerinnen, die in der Autobiographie regelmäßig als Bezugspersonen vorkommen, aber auch andere Frauen spielen eine wichtige Rolle als handelnde Akteurinnen. Damit gibt die Autobiographie wichtige Einblicke in weibliche Netzwerke, Erfahrungs- und Lebenswelten.

Ausführlich diskutiert Trill in der Einleitung Halketts Gründe für das Verfassen der Autobiographie, die sie mit dem Ziel der Publikation geschrieben hat (19). Damit korrigiert Trill die Sicht der älteren Forschung, die von einem rein privaten, familiären Zielpublikum ausging. Tatsächlich zeugt die Autobiographie, so Trill, von einer Sorge um die eigene Identität und deren öffentliche Wahrnehmung. Es waren insbesondere ihre männlichen Kontakte und Verbindungen, die sie als Bedrohung für ihre Identität als loyale Royalistin betrachtete; so etwa ihr schottischer Ehemann Sir James Halkett, dessen politische Sympathien sich durchaus von ihren unterschieden. Immer wieder sah sie sich mit Gerüchten konfrontiert, die ihre Loyalität infrage zu stellen schienen. Gerade im Zusammenhang mit den Meditationen gelesen zeichnet Halkett ein Bild von sich als treuer Anhängerin James' VII./II., die noch dazu in ihrem Glauben gefestigt war.

Autobiographie und Meditationen geben dabei nicht nur Einblicke in die politischen Ereignisse rund um den englischen Bürgerkrieg aus der Perspektive einer Royalistin, die in Kontakt zu zentralen Akteur*innen stand, sondern sie stellen Selbstzeugnisse dar, die auch für andere Forschungsfragen von Interesse sind. Insbesondere fallen hier geschlechter- und alltagshistorische Fragen ins Auge: Die Autobiographie gibt Auskunft über verschiedene Beziehungsverhältnisse, u.a. zu ihren Kindern und Stiefkindern, sowie über Geschlechterrollenerwartungen. Wiederholt vorkommende Themen sind Schwangerschaft, Fehlgeburten, die Geburt und der Verlust von Kindern, die auch in den Meditationen aufgegriffen werden. Insofern empfiehlt sich auch hier Autobiographie und Meditationen als Einheit zu lesen. Ebenso präsent sind ökonomische und materielle Sorgen.

Autobiographie und Meditation sind durchgängig kommentiert, wobei neben einer textkritischen Kommentierung insbesondere Personen, Sachverhalte und Bibelstellen aufgeschlüsselt wurden, was den Zugang zum Text erleichtert. Die Edition wird abgerundet durch einen Anhang, in dem zusätzliches Material in Form ausgewählter Briefe ediert ist, und ein kombiniertes Namens- und Sachregister sowie eine Übersicht über die referenzierten Bibelstellen. Die Auswahl der Meditationen erscheint nicht immer ganz nachvollziehbar, hier wäre zumindest eine klarere Begründung wünschenswert gewesen. Dennoch ist dieser aufschlussreichen und vielschichtigen Quelle eine breite Rezeption auch über die Forschung zum englischen Bürgerkrieg hinaus zu wünschen.


Anmerkung:

[1] Lady Anne Halkett: Selected Self-Writings. Ed. by Suzanne Trill, Aldershot 2007.

Rezension über:

Anne, Lady Halkett: A True Account of My Life and Selected Meditations. Edited by Suzanne Trill (= The Other Voice in Early Modern Europe: The Toronto Series; 87), Toronto: Iter 2022, XI + 384 S., ISBN 978-1-64959-024-4, USD 66,95

Rezension von:
Lena Oetzel
Fachbereich Geschichte, Universität Salzburg
Empfohlene Zitierweise:
Lena Oetzel: Rezension von: Anne, Lady Halkett: A True Account of My Life and Selected Meditations. Edited by Suzanne Trill, Toronto: Iter 2022, in: sehepunkte 25 (2025), Nr. 12 [15.12.2025], URL: https://www.sehepunkte.de/2025/12/37939.html


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