Von Stephan Conermann
Glücklicherweise erhielt die Bonner DFG-Kollegforschergruppe "History and Society during the Mamluk Era (1250-1517)" nach einer Evaluierung im Oktober 2014 eine Verlängerung um vier Jahre, so dass wir uns nun mit vereinten Kräften bis 2019 um die weitere Aufarbeitung dieser von türkischen Ex-Sklaven geführten Gesellschaft kümmern können. Die Forschung zum Mamlukensultanat geht weiter mit großen Schritten voran, wobei allein die Tatsache, dass die Autoren der Bücher aus Polen, Ägypten, den USA, Israel, Deutschland und Frankreich kommen, auf die große Internationalität der Szene hindeutet.
Angesichts der vielen Neuerscheinungen haben wir uns entschlossen, dem zweiten thematischen Forum der Islamischen Welten zu diesem Thema vom September 2014 nun eine dritte Ausgabe folgen zu lassen. Zu lesen gibt es insgesamt elf Rezensionen, die uns viele Facetten einer nahöstlichen Gesellschaft der Middle Islamic Period vor Augen führen. Zu nennen sind etwa die faszinierenden Welten eines Drogisten und Apothekers aus dem Kairo des 13. Jahrhunderts (Conermann zu Chipman) oder eine Einführung in die bisher nur rudimentär erforschte mamlukenzeitliche Musiktheorie (Gharaibeh zu Wright). Ähnlich spannend finde ich die in einem überzeugenden Konzept zusammengeführten Untersuchungen zur Kriminalität in der mamlukischen Gesellschaft (Al Ghouz zu Martel-Thoumian) sowie eine detailreiche Abhandlung über die Speisen und Getränke bzw. Ess- und Trinkgewohnheiten der Kairener Bevölkerung (Conermann zu Lewicka). Einen einmaligen Einblick in die Alltagswelten eines Damaszener Notars zwischen 1480 und 1502 liefert ein (in der gedruckten Ausgabe) 2000 Seiten umfassendes Tagebuch (Shoshan zu Wollina). Dass ein Blick in die Provinz zur Korrektur der (bis heute) meist aus der Sicht des Zentrums verfassten Darstellungen lohnt, zumal wenn man neben den Textquellen archäologische Befunde mit in den Blick nimmt, zeigt Bethany J. Walkers Studie zu den Transformationsprozessen im ländlichen Jordanien (rezensiert von Özdilmaç). Wer sich für die Erfassung sozialer Beziehungen zwischen den wichtigsten Gruppen in dem Mamlukenreich, d.h. den politisch-militärischen, zivilen und religiösen Eliten, interessiert, sollte zu dem Werk von Mathieu Eychenne greifen, der uns diese Netzwerke sehr eindringlich präsentiert. (Besprochen von Al Ghouz) Einer bisher immer noch nicht veröffentlichten (aber zugänglichen) amerikanischen Promotionsschrift aus dem Jahre 2004 ist es gelungen, durch eine geschickte Auswertung der wenigen und sehr heterogenen Quellen zu der koptischen Konversionswelle Anfang des 14. Jahrhunderts zu einem anerkannten Referenzwerk zu werden. (Conermann zu el-Leithy) Schließlich kann der Leser unseres FORUMs sich neben eines etwas unausgegorenen Sammelbandes (Conermann zu Bierman/Denoix) und eines erfrischenden Versuchs, überkommene Vorstellungen von den Charakteristika einer "islamischen" Stadt durch den Rückgriff auf sozialwissenschaftliche Theorien aufzubrechen, (Walker zu Luz) noch einer neuen Darstellung zu der speziell mamlukischen Form von Militärsklaverei und der komplexen Machtausübung ihrer Protagonisten in Ägypten und Syrien erfreuen. (Steenbergen zu Loiseau)
Allen, wie stets, eine erhellende Lektüre!