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Gunnar Teske (Red.): Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Forschungen aus westfälischen Adelsarchiven. Vorträge auf dem Kolloquium der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive e. V. vom 3.- 4. Dezember 1998 in Münster (= Veröffentlichungen der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive e.V.; Nr. 13), Münster: Vereinigte Westfälische Adelsarchive e.V. 2000, 135 S., 12 [13] Abb., ISBN 3-7923-0711-1

Rezensiert von:
Matthias Schnettger
Institut für Europäische Geschichte, Mainz

Kaum ein Gedenkjahr der letzten Zeit hat eine solche Fülle wissenschaftlicher Veranstaltungen und Publikationen nach sich gezogen wie das Dreihundertfünzigjährige Jubiläum des Westfälischen Friedens 1998. Neben zahlreichen Veröffentlichungen, die die "große Politik" und die europäischen Zusammenhänge und Auswirkungen von Dreißigjährigem Krieg und Westfälischem Frieden behandeln, hat sich auch die landesgeschichtliche Forschung des Themas angenommen. Dies gilt natürlich nicht zuletzt für die Region, die dem Friedensschluss von 1648 seinen Namen gegeben hat. Am Ende des Gedenkjahrs, vom 3. bis 4. Dezember 1998, fand in Münster eine Tagung statt, die zugleich ein zweites Jubiläum markierte, das fünfundsiebzigjährige Bestehen des Veranstalters, der "Vereinigten Westfälischen Adelsarchive e. V.". Die durch die Bank sehr quellennahen Referate, die auf diesem Kolloquium gehalten wurden, und die dazugehörigen Diskussionsbeiträge fasst dieses gut hundert Seiten starke Bändchen zusammen, das in der Bandbreite der behandelten Themen das epochale Ereignis von Dreißigjährigem Krieg und Westfälischem Frieden in seiner Vielschichtigkeit zu erfassen sucht, allerdings sozusagen ins Kleine übertragen, auf den geographischen Raum Westfalen bezogen. Damit ist im übrigen nicht das historische Westfalen gemeint, das auch weite Teile des heutigen Bundeslandes Niedersachsen umfasste, sondern das Gebiet des heutigen Landschaftsverbands Westfalen-Lippe. Auffälliger-, mit Blick auf den Veranstalter aber wohl nicht zufälligerweise sind fast alle Beiträge einem biographischen Ansatz verpflichtet und beschäftigen sich mit Persönlichkeiten des westfälischen Adels.

Die ersten Referate sind dem Krieg gewidmet. Wolfgang Bockhorst stellt "Westfälische Adlige als Kriegsunternehmer im Dreißigjährigen Krieg" vor. Während Lothar Dietrich von Bönninghausen, Alexander von Velen und Bernhard Hackfort von Westerholt zu den "Gewinnern" des Krieges zählten -was im Fall Westerholts allerdings deutlich zu relativieren ist, denn ihm brachte seine militärische Karriere nicht nur ein großes Vermögen ein, sondern 1638 vor Vechta auch den Schlachtentod -, setzte Johann von Morrien zu Nordkirchen mit dem dänischen König auf das falsche Pferd; er erlitt erhebliche finanzielle Einbußen und wurde überdies vom Kaiser mit der Konfiskation seiner Güter bedroht, als 1628 ein früher Tod seine wenig erfolgeiche Laufbahn beendete.

Nicht als aktiver Part und schon gar nicht als Gewinner erlebte Tönies von Padberg den Dreißigjährigen Krieg (Horst Conrad, "Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg in den Kalendernotizen des Tönies von Padberg"). Der an der Grenze des kurkölnischen Herzogtums Westfalen zur Grafschaft Waldeck und zur Landgrafschaft Hessen-Kassel begüterte, zur Reformation neigende Padberg hinterließ einen von 1610 bis zu seinem Tod 1658 geführten Schreibkalender, der in der "Fixierung auf das Faktische und die Beschreibung des unmittelbaren Lebenshorizontes des Autors" (29) vieles mit anderen Selbstzeugnissen des 17. Jahrhunderts gemeinsam hat.

Während die in den ersten Beiträgen behandelten Persönlichkeiten allenfalls Männer aus dem zweiten Glied waren, rückte "Johann Graf zu Sayn-Wittgenstein, Kriegsteilnehmer auf hessischer und schwedischer Seite und Hauptgesandter des Kurfürsten von Brandenburg", (Eberhard Bauer) in letzterer Funktion als Vertreter eines der wichtigsten Reichsstände in die Reihe derjenigen vor, die auf dem Westfälischen Friedenskongress "große Politik" mitgestalteten. Wie schon dieser, schlägt auch der folgende Beitrag von Rudolfine Freiin von Oer, der "Die Schlacht bei Stadtlohn in der westfälischen Geschichte" behandelt, eine Brücke vom Krieg zum Friedensvertrag, denn die Autorin befasst sich nicht nur mit den unmittelbaren Auswirkungen der Schlacht auf die Region und mit den beteiligten westfälischen Offizieren, sondern auch mit den weiter reichenden Folgen im Hinblick auf die Gestaltung der konfessionellen Verhältnisse im Normaljahr 1624 und damit über 1648 hinaus.
Mit den konfessionellen Folgen von Krieg und Friedensschluss beschäftigt sich auch Oskar Prinz von Bentheim in seinem Beitrag "Das Normaljahr 1626[!?!] und der territoriale Konflikt zwischen dem Fürstbistum Münster und der Grafschaft Steinfurt", insbesondere mit den Bestrebungen des münsterschen Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen, in der mitten in seinem Hochstift gelegenen protestantischen Enklave Steinfurt entgegen den Friedensbestimmungen das katholische Religionsexercitium in der Großen Kirche einzuführen.

Im letzten Aufsatz des Bandes analysiert Gunnar Teske die "Beziehungen zwischen westfälischen Adligen und den Gesandten am Friedenskongreß" und fragt dabei nach den Quellen, nach geschäftlichen und persönlichen Beziehungen. Insgesamt sieht er das Verhältnis der Westfalen gegenüber den auswärtigen Diplomaten "[z]wischen Anpassung und Selbstbewußtsein" (89). Verdienstvoll ist es, dass Teske in einem weiteren Beitrag ("Persönliche Aufzeichnung des münsterschen Kanzlers Dietrich Hermann von Merveldt aus dem Jahr 1645 über den Tod zweier Söhne und seiner Frau zur Zeit des Friedenskongresses") eine seiner Hauptquellen ediert hat, deren Aussagewert sich keineswegs auf den unmittelbaren Zusammenhang des Friedenskongresses beschränkt. Der Band schließt mit dem Abdruck der anlässlich des Kolloquiums im münsterschen Erbdrostenhof veranstalteten Ausstellung "Quellen zum Westfälischen Frieden aus westfälischen Adelsarchiven" (Antje Weikert).

Empfohlene Zitierweise:

Matthias Schnettger: Rezension von: Gunnar Teske (Red.): Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Forschungen aus westfälischen Adelsarchiven. Vorträge auf dem Kolloquium der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive e. V. vom 3.- 4. Dezember 1998 in Münster, Münster: Vereinigte Westfälische Adelsarchive e.V. 2000, in: PERFORM 2 (2001), Nr. 1, URL: <http://www.sehepunkte.de/perform/reviews.php?id=94>

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