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Daniela Garbe: Das Musikalienrepertoire von St. Stephani zu Helmstedt. Ein Bestand an Drucken und Handschriften des 17. Jahrhunderts, Teil I: Repertoirestudien, Teil II: Kataloge und Register (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung; 33), Wiesbaden: Harrassowitz 1998, 238 (Band 1) und 205 (Band 2) S., ISBN 3-447-04042-4, DM 198,00

Aus: Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte (81 (2000), S. 281 f.)

Rezensiert von:
Rainer Boestfleisch

Die vorliegende Dissertation von Daniela Garbe, die 1994 bei Martin Stähelin in Göttingen abgeschlossen wurde, stellt einen grundlegenden Beitrag zur Erforschung des musikalischen Repertoires der Region Helmstedt - Wolfenbüttel dar. Es handelt sich um ein Konvolut von 36 Drucken und knapp 1400 Handschriften, das sich bis 1960 im Pfarrarchiv von St. Stephani in Helmstedt befand und auf Betreiben des Musikwissenschaftlers Heinrich Sievers noch im gleichen Jahr in die Bestände der Herzog August Bibliothek überging.

Die Drucke (Sign.: Musica Stephanica), überwiegend geistliche Werke, einstimmige liturgische Sammlungen für den Gottesdienst und teilweise kunstvolle Motetten, Psalmen und geistliche Konzerte herausragender Komponisten der 1. Hälfte des 17. Jh. (H. L. Hassler, M. Vulpius, M. und H. Praetorius, J. H. Schein, A. Hammerschmidt, H. Schütz), aber auch unbekannterer Meister (J. C. Horn, C. Movius, C. Sartorius), wurden bereits erstmalig bei W. Schmieder nachgewiesen (W. Schmieder: Musik. Alte Drucke bis etwa 1750. Frankfurt/M. 1967). Eine genauere Übersicht findet sich in einem speziellen systematischen Katalog der Herzog August Bibliothek. Dass der Umfang der vorliegenden Drucke ursprünglich erheblich größer war, belegen zwei der drei erhaltenen Inventare (Stadtarchiv Helmstedt): "Inventarium der Stimmen in der Schule" (Schulchronik 1680) und das sog. Helmstedter Inventar von 1714 (Vgl. S. 8-14). Aufgrund der gegebenen Quellenlage lag es nahe, vorrangig die Handschriften zu bearbeiten, über die die Autorin im 2. Band ihrer Studie erstmalig einen minutiös angelegten Katalog erstellte. Die Drucke wurden dort ebenfalls neu aufgearbeitet und aufgelistet, so dass nun eine Gesamtübersicht über den Bestand vorliegt. Die Handschriften (Cod. Guelf. 318, 320, 323-338 Mus. Hdschr.) enthalten ähnlich den Drucken überwiegend geistliche Vokalwerke bekannter Meister, unter denen auch H. Grimm zu nennen ist, dem im 1. Band ein ausführlicher Exkurs gewidmet wird (S. 168ff.). Zurecht wird auf die große Bedeutung des Magdeburger und Braunschweiger Kantors hingewiesen, von dem in der Helmstedter Sammlung immerhin 88 Kompositionen, wenn auch nur in unvollständigen Stimmensätzen, vorhanden sind. Wichtig ist, dass der umfangreiche Handschriftenbestand auch weltliche Chorwerke (Cod. Guelf. 334 Mus. Hdschr.: Madrigale italienischer Komponisten: Nicoletti, Marenzio, Vecchi) und zahlreiche instrumentale Tanzsätze enthält (Cod. Guelf. 335 Mus. Hdschr., Hss. Ergänzungen zu 21 Mus. Steph.).

Der 1. Band der Dissertation, welcher den eigentlichen Schwerpunkt der Arbeit und eine rein quellenkundliche Studie darstellt, setzt sich mit dem Bestand auf drei Ebenen auseinander: Im 1. Kapitel wird die Überlieferung und die äußere Gestalt der Quellen beschrieben. Das 2. Kapitel behandelt das historische und soziale Umfeld, die Verbindung zwischen Lateinschule und Kirche, welche die Grundlage der Tätigkeit für die Kantoren des frühen 17. Jh. darstellte, den engen Zusammenhang zwischen Musiklehre und Musikpflege und schließlich Biographisches zu Schreibern und Besitzern der Manuskripte. Das 3. Kapitel schließlich liefert eine detaillierte Übersicht über das gesamte Repertoire, wobei jede Handschrift ausführlich kommentiert wird. Wichtig ist ferner, dass die musikalischen Gattungen, die vorrangig auftreten (Motette, Geistliches Konzert, Kantionalsatz), unter Heranziehung zeitgenössischer Theoretiker (M. Praetorius) neu definiert werden, um eine klare Abgrenzung der Termini zu erreichen, sowie die gründlich behandelte Frage nach dem Gebrauch der Sammlung. Der Band wird mit einem umfangreichen Literaturverzeichnis und dem Namen- und Ortsregister abgeschlossen. Es handelt sich um eine mit großen Fleiß erarbeitete Dokumentation, die das umfangreiche Material von St. Stephani zu Helmstedt in klarer und anschaulicher Weise zusammenfasst.

Empfohlene Zitierweise:

Rainer Boestfleisch: Rezension von: Daniela Garbe: Das Musikalienrepertoire von St. Stephani zu Helmstedt. Ein Bestand an Drucken und Handschriften des 17. Jahrhunderts, Teil I: Repertoirestudien, Teil II: Kataloge und Register, Wiesbaden: Harrassowitz 1998, in: INFORM 3 (2002), Nr. 1, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=489>

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