header

Peter-Michael Steinsiek: Nachhaltigkeit auf Zeit. Waldschutz im Westharz vor 1800 (= Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt; 11), Münster: Waxmann 1999, 283 + 56 S., ISBN 3-89325-779-9, DM 49,90

Aus: Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte (81 (2000), S. 277 f.)

Rezensiert von:
Michael Fessner

Es handelt sich bei der angeführten Studie von Peter-Michael Steinsiek um seine am Institut für Forstpolitik, Forstgeschichte und Naturschutz der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen im Jahre 1998 abgeschlossene Dissertation. Die Ausarbeitung fußt im wesentlichen auf der Auswertung der umfangreichen Archivbestände im Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Hannover, im Niedersächsischen Staatsarchiv Wolfenbüttel und im Niedersächsischen Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld. Die Monographie zählt 13 systematisch gegliederte Kapitel, ein Quellen- und Literaturverzeichnis und einen Tabellenanhang. Zahlreiche Graphiken veranschaulichen die schriftlichen Ausführungen.

Steinsiek versteht seine forstgeschichtliche Untersuchung als einen wichtigen Beitrag zur Umweltgeschichte des westlichen Harzraumes für die frühe Neuzeit bzw. vorindustrielle Phase (1550-1810). Die Umweltgeschichte hat bislang die wichtige Bedeutung des Waldes und seiner Ressourcen immer wieder unter dem Aspekt eines vorindustriellen Holzmangels thematisiert und ist dabei zu sehr divergierenden Ergebnissen gelangt. Eine der wesentlichen Ursachen für diese kontroverse Einschätzung liegt im Fehlen einschlägiger Untersuchungen, die Leistung und Entwicklung von Waldökosystemen über einen größeren Zeitraum hinweg betrachten, genaue Vorstellungen der Art und des Umfanges der Holznutzung geben und somit Auswirkungen auf die Zusammensetzung und Struktur der Wälder dokumentieren. Steinsiek kann mit Hilfe quellengestützter quantitativer Analysen von Waldzustands- und Nutzungsparametern diese Forschungslücke exemplarisch für den Westharz wirkungsvoll schließen.

Das Hauptanliegen seiner Untersuchung ist es, anhand eines kombinierten historischen und politikwissenschaftlichen Forschungsansatzes die staatlichen Maßnahmen zur nachhaltigen Versorgung der Verbraucher mit ausreichendem Holz zu analysieren. Das formale, programmatische Ziel landesherrschaftlicher Forstpolitik im westlichen Harz bestand darin, den montangewerblichen und privaten Holzbedarf auf Dauer zu decken. Das Primat der landesherrschaftlichen Wirtschaftspolitik lag in der Nachhaltigkeit der Ressourcennutzung. Die Landesherren erstellten bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraums Schutzprogramme für den Wald, als sie die Gefahr einer anhaltenden Waldverwüstung kommen sahen. Sie wandten ein breites Spektrum regulativer, ökonomischer und informatieller Instrumente zu deren Umsetzung an, die für den gesamten Zeitraum maßgebend waren. Es gab keinen Paradigmenwechsel in der staatlichen Ressourcenschutzpolitik.

Steinsieks Rekonstruktion historischer Waldzustände, seine Nachkalkulation der Holzaufkommensentwicklung und des Holzverbrauchs führen zum beachtenswerten Resultat, daß es zwischen der zweiten Hälfte des 16. Jh. und der des 18. Jh. insgesamt gesehen nicht zu einer den Bergwerkshaushalt des Harzes oder die Subsistenz seiner Bevölkerung ernstlich gefährdenden Waldverwüstung und Holzverknappung gekommen war. Dieses Ergebnis ist insofern bemerkenswert, als gerade Wirtschaftshistoriker immer wieder die Wachstumsgrenzen der Harzer Montanwirtschaft auch unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden Holzversorgung sehen und diese Ressourcenbegrenztheit für stagnierende und rückläufige ökonomische Entwicklungstendenzen mit verantwortlich machen. Summa summarum: Peter-Michael Steinsiek hat mit seiner eindrucksvollen, quellenmäßig gesättigten und statistisch unterlegten Studie wesentliche neue Forschungsergebnisse über die Waldnutzung im Westharz geliefert, die geradewegs zur weiteren Diskussion zwischen Vertretern unterschiedlicher Forschungsansätze einladen.

Empfohlene Zitierweise:

Michael Fessner: Rezension von: Peter-Michael Steinsiek: Nachhaltigkeit auf Zeit. Waldschutz im Westharz vor 1800, Münster: Waxmann 1999, in: INFORM 3 (2002), Nr. 1, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=486>

Bitte setzen Sie beim Zitieren dieser Rezension hinter der URL-Angabe in runden Klammern das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse ein.

footer