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Werner Loibl: Friedrich II. von Hessen-Homburg und die Glasproduktion (= Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde zu Bad Homburg vor der Höhe; Heft 49), Bad Homburg v.d.H.: Verein für Geschichte und Landeskunde zu Bad Homburg vor der Höhe 2000, 199 S., 12 Abb., ISBN 3-933921-03-1, DM 25,00

Aus: Nassauische Annalen (Bd. 112 (2001), S. 619 f.)

Rezensiert von:
Karl Baeumerth

Der Autor, ehem. Leiter des Spessart-Museums in Lohr am Main, hat sich seit vielen Jahren mit der Erforschung der Herstellungsgeschichte des "Spessartglases" und in diesem Zusammenhang vornehmlich mit der Gründungsgeschichte der Kurmainzischen Spiegelmanufaktur Lohr beschäftigt. Bei dieser Spurensuche im Spessart konnte er schon frühzeitig die kleine Landgrafschaft Hessen-Homburg als "die Keimzelle" für die Glasforschung lokalisieren. Landgraf Friedrich II., der unter dem Synonym "Prinz von Homburg" in der Literatur- und Militärgeschichte eine bekannte Rolle spielt, wird hier mit vier Glashüttengründungen von einer gänzlich anderen Seite vorgestellt. Das von Loibl erstmals in einer bislang nicht gekannten Vollständigkeit aufgearbeitete Archivmaterial führt folgerichtig zu seinem Resümee, daß durch die in einem völlig neuen Licht zu sehende Biographie des Landgrafen nicht nur die Homburger Geschichte, sondern auch die deutsche Glashüttengeschichte ohne Friedrichs Gründungen einen anderen Verlauf genommen hätten.

Loibl macht deutlich, daß Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg nicht allein an der merkantilistischen Imitation von Ludwig XIV. gemessen werden kann. Ein auf Forscherdrang und Experimentierfreude gegründeter, landgräflich subventionierter Laborbetrieb, in welchem neuartige Glasgemenge in alchimistischem Experiment gesucht und probiert wurden, zeichnete zunächst den kleinen und kurzlebigen Homburger Glashüttenbetrieb im Schatten der alten Dietigheimer Stadtmauer aus. International erfahrene Glasspezialisten und kenntnisreiche Hüttenmeister wurden zielstrebig engagiert und garantierten letztendlich jenseits genau kalkulierter Kostenrechnungen auch den Erfolg.

Da die neuen Ideen des Landgrafen von manufaktureller Nutzung der neu entwickelten Hohl- und Flachglastechnik in der laborartigen Dimension der in Homburg existierenden Einrichtung schon allein wegen des hohen Brennholzbedarfes nicht mehr zu bewerkstelligen war, wurden die projektierten neuartigen Großanlagen 1684 in die dem Landgrafen als Lehen zugefallenen Besitztümer nach Brandenburg verlegt. In Neustadt an der Dosse wurden dann erstmals auf deutschem Boden fabrikähnliche Ausmaße in der Glasproduktion erreicht.Bau und Betrieb dieser Anlage erforderten umfangreiche Geldsummen, die letztendlich aber auch die Finanzkraft des Landgrafen übersteigen sollten. Dennoch sollte gerade diesem Betrieb - auch nach der eben nicht gerade "freundlichen Übernahme" durch den Kurfürsten von Brandenburg - als einzigem die Zukunft auch über den Tod des Landgrafen hinaus gehören. Eine Erweiterung der Produktionspalette wurde 1687 durch einen Zweigbetrieb auf dem sog. "Rübehorst", zwei Meilen südwestlich von Neustadt an der Dosse, dessen Hütte danach dann fast ausschließlich Spiegelglas erzeugte, erreicht.

1687 wurde die Glashütte in Neustadt an der Dosse gegen eine neu zu gründende Hütte in Oebisfelde mit dem Kurfürsten (zwangs-)getauscht. Hier scheint das Motiv des landgräflichen Engagements aber bereits nur noch der Deckung des weiteren eigenen Glasbedarfs gegolten zu haben. Kurz vor seinem Lebensende verpachtete der Landgraf die dort nicht besonders glücklich plazierte Hütte erstmalig. 1714 wurde sie, nicht zuletzt bedingt durch brandenburgischen Druck, endgültig abgebrochen.Die Glashüttengründungen Landgraf Friedrichs II., besonders der Homburger Experimentierbetrieb, sollten sich aber auch in anderer Weise befruchtend auf die Glasmacherei unserer weiteren Umgebung auswirken. Vor allem der in Homburg für den Landgrafen tätige solide Hüttenmeister Wentzel hatte bereits um 1685 den Taunus verlassen, um im Spessart unter mainzischer Oberhoheit eine neue Glasmacherei aufzubauen.

Hier wird sich dann der Kreis für den Autor dieses für Homburg bedeutsamen Beitrages wieder schließen. Wir sollten auf die noch zu schreibende Gründungsgeschichte der kurmainzischen Spiegelmanufaktur zu Lohr gespannt sein, hat doch kaum jemand vorher vermocht, so umfangreiche Archivstudien über die gesamte wiedervereinigte Republik hinweg so gewinnbringend für die Regionalforschung zu verknüpfen. Zusammen mit den beiden bereits in den Nassauischen Annalen veröffentlichten Beiträgen zur Glasmacherei in Glashütten im Taunus, dem Beitrag in dem weiter oben besprochenen Band über die Glashütten auf dem Taunuskamm, hat LOIBL der Glasforschung zu einer neuen Dimension verholfen. Dem Vorstand des im Jahre 2000 sein 125jähriges Bestehen feiernden Vereins für Geschichte und Landeskunde in Bad Homburg ist zu danken, daß er dieses bedeutsame Heft den Mitgliedern und den Freunden der Glasgeschichte gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten als Geburtstagsgeschenk auf den Gabentisch gelegt hat.

Empfohlene Zitierweise:

Karl Baeumerth: Rezension von: Werner Loibl: Friedrich II. von Hessen-Homburg und die Glasproduktion, Bad Homburg v.d.H.: Verein für Geschichte und Landeskunde zu Bad Homburg vor der Höhe 2000, in: INFORM 2 (2001), Nr. 4, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=448>

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