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Peter Brommer (Bearb.): Inventar des Archivs der Grafschaft Holzappel und der Herrschaft Schaumburg. 2 Bände (= Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz; Bd. 82 und 83), Koblenz: Landesarchivverwaltung Rheinland Pfalz 1999, ISBN 3-931014-43-6, DM 89,00

Aus: Nassauische Annalen (Bd. 112 (2001), S. 575 f.)

Rezensiert von:
Hellmuth Gensicke

Als nach einer mißglückten Bodenspekulation die Schaumburg verkauft werden mußte, wurde 1983 mit dem Inventar der Burg auch das Archiv der Grafschaft Holzappel und der Herrschaft Schaumburg mitverkauft. Bei weiteren Besitzwechseln war das Archiv mit seiner reichen Überlieferung in einen chaotischen Zustand geraten und gefährdet, bis es 1990 und 1992 für das Landeshauptarchiv Koblenz gekauft werden konnte. In diesem Archiv war über die beiden kleinen Territorien hinaus besonders die Korrespondenz des Grafen Peter von Holzappel aus den Jahren 1633-1648 bedeutsam, die bereits bei einem Kölner Auktionshaus lag und wohl stückweise versteigert werden sollte.

Graf Peter von Holzappel war 1589 in Hadamar als Sohn des Landknechtes Wilhelm Eppelmann, eines berittenen Helfers der Amts- und Finanzverwaltung der Grafen von Nassau-Dillenburg, geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters nahm sich dessen Bruder seiner Neffen an. Er lebte als Sekretär der Prinzen Wilhelm und Moritz von Oranien in den Niederlanden. Nach der Sitte jener Zeit nannte er sich in griechischer Sprache Melander. Mit dem Namen Melander waren auch seine Neffen Adolph 1593 und Peter 1599 Pädagogschüler in Herborn. Mit dem Vatersbruder Johann und seinen beiden älteren Brüdern wurde auch Peter 1608 von Kaiser Rudolf der Adel Holzappfel genannt Melander bestätigt. Nach dem Studium in den Niederlanden ging Peter in den Militärdienst. Er war als Heerführer und Diplomat längst bekannt, als Kaiser Ferdinand III. ihn 1641 in den Grafenstand als Graf von Holzappel erhob. Obwohl er Kalvinist war und blieb, war er seit 1642 bis zu seinem Tod 1648 kaiserlicher Feldmarschall.

Von dem Grafen Johann Ludwig von Nassau-Hadamar kaufte er 1643 die Herrschaft Esterau mit der Laurenburg, die Vogtei Isselbach und Eppenrod. Zur Esterau gehörten auch einige Lehnsleute aus der Ritterschaft, die ihm als neuem Herrn verpflichtet wurden. Der Kaiser erhob 1643 diese kleinen Landesteile zu einer gefreiten Grafschaft Holzappel. - Die Witwe des Grafen Peter erwarb dazu 1656 von Graf Georg Wilhelm von Leiningen-Westerburg das zugleich dabei von der Kurkölner Lehnshoheit befreite Schloß und die Herrschaft Schaumburg mit den Kirchspielen Cramberg und Habenscheid. Der Bearb. bringt in der Einleitung des Inventars eine sorgfältig erarbeitete Geschichte der beiden Territorien auch unter den Erben des Grafen und seiner Witwe aus den Häusern Nassau-Schaumburg und Anhalt-Bernburg-Schaumburg, dann auch der Standesherrschaft Holzappel-Schaumburg seit 1806 und zuletzt des Waldguts Schaumburg-Holzappel und ihrer Besitzer aus den Familien Anhalt-Schaumburg, Habsburg, Oldenburg und Waldeck. Von diesen sei nur Graf Peters Tochter Elisabeth Charlotte genannt, die 1688 das Dorf Esten zur Stadt Holzappel erhob und für die seit 1687 aufgenommenen Waldenser 1699 das Dorf Charlottenberg gründete. Genannt sei auch noch Erzherzog Stephan, der als Palatin von Ungarn dort die Freiheitsbewegung 1848 unterstützte, abdanken mußte und auf die Schaumburg ins Exil ging, deren heutige Gestalt sein Werk war. Ausführlich berichtet der Bearb. auch von der Geschichte des Archivs, von der er vorher schon wesentliches in: Balduinsteiner Blätter Bd. 2, 1999, mitgeteilt hatte.

Die Grafschaft Nassau-Hadamar war erst 1607 bei einer Landesteilung entstanden, bei der die ältere Überlieferung in dem gemeinsamen Archiv in Dillenburg (jetzt im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Abt. 170, 171 und 190) blieb. Zu seinem Teil hatte Graf Johann Ludwig erst 1631 das nassau-walramische Viertel der Esterau durch Tausch erworben. So konnte er nur wenige Urkunden und Akten, meist von seinen kleineren Erwerbungen und den Lehen beim Kauf übergeben. Auch beim Kauf der Schaumburg wurden nur dort verwahrte Archivalien übergeben, anderes blieb in dem alten Hauptarchiv der Herren von Westerburg und Grafen von Leiningen-Westerburg in Westerburg, das nach erheblichen Verlusten 1797, nach 1928 und 1945 jetzt in Wiesbaden (Abt. 339) liegt.

Die Zahl der Urkunden, die durch sorgfältig erarbeitete Regesten erschlossen wurden, ist mit 113 für die Zeit von 1271 bis 1825 recht klein. Einige davon gingen nach 1956, aber wohl erst nach 1983, verloren. Im Bestand waren und sind noch manche Vorurkunden, einige vom Stift Limburg, beim Verkauf des Zehnten in Eppenrod übergeben, andere von den Klöstern Bärbach und Fachingen sowie von verkauftem Besitz der Familien Loener von Laurenburg, Donner von Lohrheim, von Staffel und vom Stein. Auch bei den Akten und Amtsbüchern sind Verluste zu beklagen, doch ist der Bestand mit mehr als 200 Regalmetern und 16.000 Stücken aus dem kleinen Gebiet überaus groß. Einiges wurde bereits nach der Mediatisierung an die nassauische Verwaltung abgegeben und liegt heute in den aus anderer Überlieferung angereicherten Pertinenzbeständen der Grafschaft Holzappel (Abt. 336) und der Herrschaft Schaumburg (Abt. 337) in Wiesbaden.

Das Archiv enthält auch Akten von Herrschaftsrechten und Familienbesitz, von der zentralen Verwaltung auf dem Schloß Schaumburg, vom Schloß Schaumburg und von Gütern und Einnahmen, z.B. auch aus dem Amt Driedorf, dem Erbteil des Fürsten Adolf von Nassau-Schaumburg, das bald wieder verloren ging. Neben dem bedeutsamen Forstwesen ist vor allem der große Anteil an Berg- und Hüttenwerken aus dem Raum beiderseits der Lahn im weiten Umkreis zu nennen. Umfangreich ist auch der Bestand Soziales, der von einer nicht überall üblichen sozialen Fürsorge für die Bewohner des Landes zeugt. Von anderem ist es weniger, so etwa von der Aufsicht über Kirchen und Schulen, von der nur Patronatsrechte blieben. Insgesamt sind es vor allem Akten aus dem 18. und 19. Jh., weniger aus dem 20. Jh., zuletzt nur Einzelstücke aus den Jahren von 1950 bis 1968, da wohl vieles von einer Zentralverwaltung in Arolsen übernommen wurde. Aus dem schönen Bestand Karten und Pläne sind einzelne Stücke abgebildet. Hervorzuheben sind auch die Abbildungen von Urkunden, Autographen und Wappen, wie man es sonst selten in Inventaren sieht.Dem Bearbeiter, der hier bereits durch seine Regesten der Urkunden der Freiherren vom Stein 1982 und das Inventar des Stadtarchivs Hachenburg 1989 bekannt ist, ist auch diese solide Arbeit zu verdanken. Der reiche Inhalt ist durch einen durchaus zuverlässigen Orts- und Personenindex gut erschlossen. Nicht minder willkommen ist der Sachindex mit vielen wertvollen Hinweisen. - Es war ein Glücksfall, daß das Land Rheinland Pfalz dieses Archiv erwerben konnte und erworben hat, das so der Forschung erhalten bleibt.

Empfohlene Zitierweise:

Hellmuth Gensicke: Rezension von: Peter Brommer (Bearb.): Inventar des Archivs der Grafschaft Holzappel und der Herrschaft Schaumburg. 2 Bände, Koblenz: Landesarchivverwaltung Rheinland Pfalz 1999, in: INFORM 2 (2001), Nr. 4, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=443>

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