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Hellmut Waller (Bearb.): In Vorderösterreichs Amt und Würden. Die Selbstbiographie des Johann Baptist Martin von Arand (1743-1821) (= Lebendige Vergangenheit. Schriftenreihe des Württ. Geschichts- und Altertumsvereins; Bd. 19), Stuttgart / Berlin / Köln: Kohlhammer 1996, unveränd. Neuauflage 1999, 246 S., 9 Abb. und 4 Tafeln, ISBN 3-17-014133-3, DM 44,00

Aus: Württembergisch Franken (Bd. 84 (2000), S. 385 f.)

Rezensiert von:
Peter Ehrmann

Johann Baptist Martin von Arand, als Edler von Ackerfeld später geadelt, war ein, heute würde man sagen, Self-made Man. Als Bauernbub im kleinen Bierlingen bei Rottenburg auf die Welt gekommen, fand er durch Fleiß und Intelligenz rasch Aufmerksamkeit und Gönner in höheren Kreisen, die dem aufgeweckten Kind schulische Bildung zuteil werden ließen. Nach Besuch u.a. des Jesuitenkollegs in Rottenburg stieg er rasch in hohe Verwaltungsämter in verschiedenen Orten Vorderösterreichs auf, etwa als Bürgermeister von Radolfzell 1782-88, später als Oberamtsrat und Landschreiber in Stockach oder als Landrichter in der Landvogtei Schwaben im Oberamt Altdorf. Arand blieb bis zum Ende Vorderösterreichs in Dienst, ein Ende, das ihn 1805 eigenem Bekunden zufolge "ins Mark getroffen" hat. Ab 1806 in württembergische Dienste übernommen, fiel er 1812 in Ungnade und wurde pensioniert. Bis zu seinem Tode 1821 war er nicht vollständig rehabilitiert worden.

Arand war ein echtes Kind Vorderösterreichs. Der Geist, der durch die Seiten dieser Autobiographie weht, ist mehr als spätere Verklärung, er offenbart Alltagsleben und Verwaltungsalltag in den kleinen Örtchen und Städtchen dieser - um den Untertitel der Landesausstellung "Vorderösterreich" zu zitieren - "Schwanzfeder des Kaiseradlers". So verehrte er etwa Kaiser Joseph II., den er als "Joseph den Großen" titulierte und stets gegen Kritik von klerikaler Seite in Schutz nahm.

Für den heutigen Leser wirkt das zuweilen verhüllte und manchmal auch unverhüllte Eigenlob, das den gesamten Text durchzieht manchmal aufdringlich. Dazu jedoch muß man wissen: Arand verfaßte seine Memoiren im Jahr 1818 im Alter von 74 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt war er bei seinem neuen Herrn, dem König von Württemberg, bereits in Ungnade gefallen und mußte um seinen Ruf (und, nota bene, seine ungekürzte Pension) kämpfen; zudem wird von seiner Biographie her deutlich, daß er, aus einfachsten Verhältnissen stammend, stets verbissener um Anerkennung kämpfen mußte als andere.

Das ändert jedoch nicht am am lesenswerten Charakter und am hohen Quellenwert dieser Publikation, denn Selbstzeugnisse aus Vorderöstereich sind rar. Arands Autobiographie zeigt die Geschichte exemplarisch "von unten", aber doch über das Exemplarische ins Typische hinausweisend. Bleibt noch zu erwähnen, daß der vergriffenen ersten Auflage im Mai 1999 eine zweite folgen soll.

Empfohlene Zitierweise:

Peter Ehrmann: Rezension von: Hellmut Waller (Bearb.): In Vorderösterreichs Amt und Würden. Die Selbstbiographie des Johann Baptist Martin von Arand (1743-1821), Stuttgart / Berlin / Köln: Kohlhammer 1996, in: INFORM 2 (2001), Nr. 3, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=442>

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