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Isabella Fehle (Hg.): Johannes Brenz 1499-1570. Prediger - Reformator - Politiker. [Begleitband zur] Ausstellung im Hällisch-Fränkischen Museum Schwäbisch Hall, 28. Februar 1999 - 24. Mai 1999 und im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, 11. Juni 1999 - 3. Oktober 1999 (= Kataloge des Hällisch-Fränkischen Museums Schwäbisch Hall), Schwäbisch Hall: Hällisch-Fränkisches Museum 1999, 222 S., zahlr. Abb., ISBN 3-9805483-0-9, DM 28,00

Aus: Württembergisch Franken (Bd. 84 (2000), S. 381 f.)

Rezensiert von:
Claus Müller

Das Begleitbuch zu den beiden Ausstellungen anläßlich des 500. Geburtstages von Johannes Brenz schließt mit dem Hinweis, daß Brenz bisher dreimal im Mittelpunkt von kirchenhistorischen Ausstellungen gestanden habe, nämlich 1934, 1984 und 1970: "Zu allen diesen Ausstellungen sind bebilderte Kataloge erschienen, die manches Neue zu Brenz mitteilten und die auch über den Anlaß hinaus ... wertvoll bleiben. Dieser Tradition soll auch 1999 im Rahmen der Gedenkveranstaltungen zum 500. Geburtstag des Haller und Württemberger Reformators mit dem vorliegenden Katalog beibehalten werden" (S. 190). Mit diesem Schlußsatz ist als Ziel des zu besprechenden Begleitbuches angezeigt, auch dem, der die Jubiläumsaustellung nicht besuchen konnte, einen Einblick in Zeit, Leben und Wirken von Brenz zu eröffnen. Im Hinblick auf diesen "über den Anlaß" hinausreichenden Wert, soll es dementsprechend hier auch gewürdigt werden.

Als Ausstellungskatalog bietet es hierfür zum einen eine Vielzahl von mit kurzen Erläuterungen versehenen (z.T. farbigen) Abbildungen. Sie zeigen Brenz-Darstellungen sowie die wichtigsten Orte und Personen in seinem Leben. Aber auch die damaligen Lebensumstände werden mit einigen Bildern plastisch vor Augen geführt. Bei einem literarisch so produktiven Mann wie Brenz dürfen natürlich Abbildungen seiner Schriften nicht fehlen. So illustrieren z.B. die gebotenen Titelblätter der Ausgaben und Übersetzungen des Brenzschen Katechismus (S. 160ff) eindrücklich dessen Wirkungsgeschichte.

Zum anderen wird in zehn biographisch geordneten Beiträgen Brenzens Leben und vielfältige Wirksamkeit beleuchtet. Eine ungewöhnliche Idee war es, die Textbeiträge mit einem wirkungsgeschichtlichen Rückblick zu beginnen, der danach fragt, "wie es in früheren Zeiten um sein [Brenzens] Andenken bestellt war" (12). H. Ehmer untersucht darin nicht nur die erhaltenen Brenz-Porträts und -denkmäler, sondern auch wie seiner in den verschiedenen Brenz- und Reformationsjubiläen gedacht wurde. Schließlich rekonstruiert er die Vorgeschichte der beiden Brenz-Häuser in Schwäbisch Hall und Weil der Stadt. Nach einer Darstellung von Brenzens "Herkunft und Ausbildung" zeigen A. Maisch und D. Stihler auf, wie sich das kirchliche Leben Halls durch Brenz´ Wirken änderte. Dies kann A. Maisch methodisch gelungen insbesondere durch den Rückgriff auf Nachlaß- und Stiftungstexte belegen. In den beiden Beiträgen "Die Ordnung der evangelischen Kirche in Hall" (A. Maisch und D. Stihler) und "Der christliche Staat" (H. Ehmer) steht das über den engeren kirchlichen Bereich weit hinausgreifende breitgefächerte gestalterische und organisatorische Wirken des württembergischen Reformators und dessen ausgewogene Haltung in den kontroversen Fragen seiner Zeit im Vordergrund, während in den drei Beiträgen dazwischen eher sein Lebensgeschick - besonders angesichts der Wirren der Interimszeit - im Zentrum des Interesse steht.

In diesem Mittelteil fehlen aber leider aufgrund der Konzentration auf die Person Brenz (für den kirchengeschichtlich nicht bewanderten Leser) manchmal wichtige Hintergrundinformationen (z.B. über den Augsburger Religionsfrieden 1555), die dennoch für das Leben Brenzens bedeutsam sind. Gerade ein Begleitbuch, das Brenz einer breiten Öffentlichkeit (neu) nahe bringen will, hätte hier aber etwas mehr Geschick walten lassen sollen. Die eigentliche Schwäche des gesamten Buches besteht jedoch darin, daß im Bemühen, die ganze Breite der Wirksamkeit Brenzens aufzuzeigen, die Frage nach der dieses Wirken organisierenden Mitte vernachlässigt wird. Diese Frage hätte aber zweifelsohne eine eingehendere Würdigung des Theologen Brenz, d.h. seines Denkens und Glaubens, verlangt.

Dies gilt entsprechend auch für den Schlußteil des Buches (C. Weismann), der zum einen den Modellcharakter der von Brenz maßgeblich mitgestalteten Württembergischen Kirchenordnung für andere Gebiete sowie den Erfolg des Brenzschen Katechismus beleuchtet und zum anderen das Nachleben des "Kirchenvaters Brenz" - in seinen Nachkommen, seinem literarischen Nachlaß und seinen Biographien - knapp beschreibt.

Es ist bedauerlich, daß die Herausgeberin nicht noch mehr Autoren für die verschiedenen Artikel gewinnen konnte. Dadurch wäre die gegenwärtige Beschäftigung mit Brenz in ihrer Vielgestaltigkeit augenfällig dokumentiert worden. Dennoch kann das Begleitbuch auch über die Jubiläumsausstellungen hinaus sicherlich dazu dienen, Brenz als "Prediger - Reformator - Politiker" einem breiten Publikum nahe zu bringen, an ihn (wieder) zu erinnern und auch Neues von ihm mitzuteilen. Damit hat es sein Ziel erreicht.

Empfohlene Zitierweise:

Claus Müller: Rezension von: Isabella Fehle (Hg.): Johannes Brenz 1499-1570. Prediger - Reformator - Politiker. [Begleitband zur] Ausstellung im Hällisch-Fränkischen Museum Schwäbisch Hall, 28. Februar 1999 - 24. Mai 1999 und im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, 11. Juni 1999 - 3. Oktober 1999, Schwäbisch Hall: Hällisch-Fränkisches Museum 1999, in: INFORM 2 (2001), Nr. 3, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=432>

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