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Konrad Repgen: Der Dreißigjährige Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen. Herausgegeben von Franz Bosbach und Christoph Kampmann (= Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, N. F.; Bd. 81), Paderborn: Schöningh, 2., unveränderte Auflage, XXII + 889 S., ISBN 3-506-73382-6, DM 178,00

Aus: Nassauische Annalen (Bd. 111 (2000), S. 508-509)

Rezensiert von:
Winfried Dotzauer

K. Repgens 75. Geburtstag am 5.5.1998 im Jubiläumsjahr des Westfälischen Friedens, in dem er mit seiner Festrede anläßlich der Verleihung des Historiker-Preises der Stadt Münster selbst einen öffentlichkeitswirksamen Akzent setzte, gab den Anstoß, seine einschlägigen Forschungsbeiträge aus den Jahren von 1953 bis 1997 erstmals geschlossen zu veröffentlichen. Der Titel bot sich sozusagen von selbst an, vermittelt das Oeuvre des Herausgebers der renommierten Acta Pacis Westphalicae (APW), das im übrigen Publikationenen auf nahezu allen klassischen Teilgebieten der neueren und neuesten Geschichte aufweist, gerade auch einen schwergewichtigen Einblick in die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges und des Westfälischen Friedens.

Der stattliche Band bietet eine Reihe von Erstveröffentlichungen. Das "Gros" ergibt sich einmal aus den zahlreichen absolvierten Festschriftsverpflichtungen aus der begehrten Feder des langjährigen Bonner Ordinarius (C. Bauer, J. Kardinal Höffner, H. Maier, G. May, P. Mikat, H. Pohl, K. von Raumer, E. Weis u. a.), die Namen in ihrer Zusammenstellung allein schon ein Programm. Weiter wurden selbstverständlich Zeitschriftenpublikationen (Hessisches Jahrbuch, QFIAB, RQ, Archivum Historiae Pontificiae, Westfälische Zeitschrift, Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte), Handbuch- bzw. Lexika-Artikel, Beiträge aus eigener Herausgeberschaft und eine Arbeit aus dem von W. Reinhard veranstalteten Sammelband über das Trienter Konzil berücksichtigt. (Die jeweiligen Hinweise auf die Herkunft der Beiträge schon etwa als Fußnote zu den betreffenden Titeln selbst, hätten dem Leser kleine Orientierungsverlegenheiten erspart.)

Der Autor befaßt sich mit klassischen Themen der Politik-, Diplomatie-, dann Wirtschafts- und Finanzgeschichte, darüber hinaus auch mit der Publizistik als politischer Öffentlichkeit, der zeitgenössischen Erfahrung von Krieg und Frieden und mit der Entwicklung der Historiographie. Überblicksdarstellungen, meisterhafte biographische werkstückartige Aufarbeitungen und erudierte quellennahe Detailforschungen stehen nebeneinander oder sind miteinander verwoben.

Repgens von jahrzehntelanger wissenschaftlicher Erfahrung geprägte Methoden und Stil lassen noch ein geradezu universalistisches Bildungs- und Wissenschaftsideal erkennen, der Didaktik und der Rhetorik und ihren Gesetzen und Regeln verpflichtet, ohne Scheu vor allgemeinen thesenartigen Definitionen, die Begriffe auf den Punkt bringen. Der Leser ist gerne bereit, auch schließlich vom Autor selbst als falsch indizierte methodische Um- und Irrwege, die für sich selbst ebenfalls eine sorgfältige Ausarbeitung erfahren, mitzugehen, weil auch das sich eben lohnt.

Des Verf.s eigentliche überragende Leistung wird aus einer imponierenden Kenntnis der Quellen internationaler wie lokaler Archivbestände gespeist, die zu einer Fähigkeit der Quellenanalyse von Rang geführt haben. Der frühneuzeitlich Interessierte ermißt den Abstand, wenn er die Acta Pacis Westphalicae etwa in den Vergleich mit dem cum grano salis verwandten Unternehmen des "Recueil des Instructions" stellt.

Die von dem vorliegenden Sammelband mitgeteilten Texte werden in 5 zentrale Themenbereiche organisiert: Historiographie, Vorgeschichte des Dreißigjährigen Krieges, Krieg und Friedensverhandlungen und der Westfälische Friede im Urteil der Zeitgenossen sowie im politischen Rückblick der Gegenwart.

Bei seiner Standortbestimmung für den Dreißigjährigen Krieg in Europa gelangt Repgen zu einer deutlichen Verneinung der Verbindlichkeit der sozialgeschichtlich motivierten Crisis-Theorie der Angelsachsen. Im Westfälischen Frieden sieht er um eine Nuance uneingeschränkter als die außerdeutschen Teilnehmer des internationalen Kolloquiums von 1997 in Münster den Charakter eines Grundgesetzes des europäischen Staatensystems gegeben. Die Position des Verf.s in der Beurteilung der Wirkung des Krieges und des Friedens kommt den deutschen schicksalhaften Erfahrungen näher als die junge Generation der bürokratisierenden Europäer. Auch dem Aspekt der Konfessionalisierung sind Beiträge gewidmet. Bei dem höchst ansprüchlich verwissenschaftlichten Aufsatz über "Reich und Konzil" von Trient wird der konservative katholische Standpunkt des Verf.s nicht verleugnet, ohne allerdings verhärtete Fronten anzudeuten. Problemorientiert und sondierend folgen Artikel mit Überblickscharakter über den Dreißigjährigen Krieg und Kaiser Ferdinand III. Bei der Aufhellung der Traditionskette der päpstlichen Friedensbeauftragten seit dem Kölner Kongreß wird vor allem dem eigentlichen kurialen Vermittler in Münster, F. Chigi, Aufmerksamkeit geschenkt. Die Protestpläne Chigis stehen in einer bestimmten Nachfolge, die bis 1555 zurückreicht. In der seit der bekannten Habil.-Schrift abgesteckten "Krondomäne" des Verf.s bewegen sich die Äußerungen zu dem päpstlichen Breve "Zelus domus Dei". Dagegen überrascht es vielleicht, daß bei dem Nachdenken über den Zusammenhang zwischen Verhandlungstechnik und Vertragsbegriff das geradezu berühmt-berüchtigte, vom nationalstaatlichen Denken der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg vorgeprägte Thema des Elsaß-Angebots (A. Schulte, Wilh. Mommsen, G. Zeller) wieder aufgegriffen - und im nebenhinein zurechtgerückt wird.

Für den Friedensschluß in toto untersucht der Autor die über die Höfe hinausgehende Außenwirkung, die ihren Niederschlag in Flugblättern, Zeitungen, Abdrucken der Friedensverträge und in der Festkultur findet. Schließlich wird der Bogen bis zur Gegenwart gespannt, indem das Element der Friedensvermittlung, die (vor 1989 aktuellen) Friedensprobleme und das Grundgesetz der Bundesrepublik auf mögliche Verbindungen unter dem Aspekt von 1648 abgeklopft werden. In diesem Zusammenhang ficht der Autor eine Lanze für die "antiquarische Geschichtsbetrachtung".

Das Schriftenverzeichnis Repgens und ein Personenregister runden den Band ab, der einen Rechenschaftsbericht über einen wesentlichen Teil eines rastlos tätigen Forscherlebens ablegt.

Empfohlene Zitierweise:

Winfried Dotzauer: Rezension von: Konrad Repgen: Der Dreißigjährige Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen. Herausgegeben von Franz Bosbach und Christoph Kampmann, Paderborn: Schöningh, in: INFORM 1 (2000), Nr. 4, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=379>

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