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Kurt Schwerdtfeger: Eisensteingruben, Hochofen- und Hammerhütten im Bodegebiet des Harzes, Clausthal-Zellerfeld: Piepersche Druckerei und Verlag 1998, 446 S., ISBN 3-923605-19-6, DM 39,60

Aus: Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte (Bd. 80 (1999), S. 281 - 283)

Rezensiert von:
Michael Fessner

Die Forschungsarbeiten über das Berg- und Hüttenwesen im Harz haben in den letzten Jahren zu einer beachtlichen Reihe neuer Ergebnisse geführt, die wesentliche vergleichende Erkenntnisse zu wirtschaftlichen, sozialen und technischen Fragen im Rahmen der europäischen Montangeschichte liefern. Diese Forschungsaktivitäten konzentrieren sich vor allem auf den Westharz mit seinen zwei großen Montanzentren, dem Oberharz und dem Rammelsberg. Schwerdtfeger hat sich hingegen einem bislang recht wenig erforschten Bereich des Harzer Montanwesens, nämlich dem der Eisenerzgewinnung und Weiterverarbeitung im Bodegebiet vom Beginn der Wasserkraftnutzung im 16. bis zum Ende der Holzkohlenzeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts, zugewandt. Das Bodegebiet wird geographisch durch die Wasserscheiden zu den benachbarten Flußgebieten im Harz begrenzt. Es reicht in West-Ost-Richtung von Braunlage bis Thale und in Nord-Süd-Richtung von Elbingerode bis Benneckenstein. Die territoriale Gliederung umfaßt den Honstein-Preußischen Harz (Amt Benneckenstein), den Hannoverschen Harz (Amt Elbingerode) und den Braunschweigischen Harz (Amt Blankenburg). Diese drei Ämter zählten zusammen 25 Eisensteinbergwerke und 25 Hütten. Die Hütten lagen aus produktionstechnischen Gründen an den Wasserläufen, um die Energie des Wassers mit Hilfe von Wasserrädern zum Antrieb der Gebläse für den Hochofenbetrieb und der Hämmer in den Hammer- und Blechhütten zu nutzen. Eine in der Buchdeckelinnenseite abgedruckte Karte zeigt ihren genauen Standort auf.

Schwerdtfegers Abhandlung umfaßt vier größere Kapitel. Im Teil 1 "Generalia" liefert der Autor einen handbuchartigen Überblick über die technische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Berg- und Hüttenwesens im Bodegebiet. Der Leser erfährt Grundsätzliches über den Eisenerzbergbau, über den Transport der Erze von den Bergwerken zu den Hütten, über die Herstellung der zur Verhüttung notwendigen Holzkohle, über die unterschiedlichen Methoden der Verhüttungstechnik in Rennöfen, Rennherden und Hochöfen, über die Weiterverarbeitung des gewonnenen Roheisens in Hammer- und Blechhütten, über die Größe und die Leistung der eingesetzten Wasserräder, über die Anlage von Stauteichen zur Speicherung des Aufschlagwassers für die Wasserräder, über die Betriebsfunktionen der einzelnen Hüttenarbeiter sowie über deren Einkommens- und Lebensverhältnisse. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels erklärt Schwerdtfeger die wichtigsten berg- und hüttenmännischen Begriffe sowie die im Harzer Berg- und Hüttenwesen gebräuchlichsten Maße und Gewichte, wobei er zu Recht auf die metrologische Problematik hinweist, diese in heutige Maß- und Gewichtseinheiten umzurechnen.

Die anschließenden drei Kapitel behandeln die Entwicklung des Berg- und Hüttenwesens in den Ämtem Benneckenstein, Elbingerode und Blankenburg getrennt. Schwerdtfeger hat hierzu die einschlägigen Aktenbestände aus 13 regionalen und überregionalen Archiven intensiv ausgewertet und die relevanten Quellen zur Bergbau- und Hüttengeschichte in einem chronologisch-regestenhaften Abriß aufbereitet. Zahlreiche zeitgenössische Grundrisse von Berg- und Hüttenwerken ergänzen seine Ausführungen. Diese drei Kapitel sind klar strukturiert und nach einem einheitlichen Schema aufgebaut. Nach einer kurzen Beschreibung der territorial-herrschaftlichen Entwicklung der Ämter, folgt zunächst die historische Abhandlung der einzelnen Eisensteingruben anhand der reichhaltig überlieferten Grubenbefahrungsberichte und dann die der einzelnen Hütten-, Hammer- und Blechwerke. Schwerdtfeger leitet diesen Abschnitt mit einer kurzen Standortbeschreibung der jeweiligen Hütten-, Hammer- und Blechwerke ein und weist auf heute noch existierende Überreste im Gelände hin, wie Kunstteiche zum Aufstauen des Betriebswassers oder Wassergräben zum Ableiten des Wassers auf die Wasserräder.

Die jeweiligen Landesherren der Ämter Benneckenstein, Elbingerode und Blankenburg hatten ein besonderes fiskalisches Interesse daran, das Berg- und Hüttenwesen zur Steigerung der landesherrlichen Einkünfte zu fördern. Sie erließen entsprechende Berg- und Hüttenordnungen, die einen ordnungsgemäßen Bergwerks- und Hüttenbetrieb gewährleisten sollten und die die Rechte und Pflichten der Berg- und Hüttenarbeiter genau regelten. Die Territorialherren vergaben im Rahmen des von ihnen ausgeübten Bergregals Konzessionen (Belehnungen) zum Betrieb der Berg- und Hüttenwerke gegen eine feste jährliche Geldsumme oder aber ließen sie von ihren Bergbehörden betreiben. Nicht selten kam es zwischen den privaten Berg- und Hüttenwerksbetreibern und dem Landesherrn zu langwierigen Auseinandersetzungen, wenn dieser infolge eines unzulänglichen Betriebes seine fiskalischen Interessen gefährdet sah, wie im Falle der Voigtsfelder Hütte im Amte Benneckenstein im ausgehenden 17. Jahrhundert.

Die von Schwerdtfeger vorgelegten Quellen geben ein anschauliches Bild von den vielen Schwierigkeiten beim Betrieb der Berg- und Hüttenwerke wieder. Die Bergwerke hatten mit Wasserzuflüssen zu kämpfen, zu deren Bewältigung kostspielige Investitionen in Wasserlösungsstollen und/oder Wasserkünsten erforderlich waren, die aber nicht immer zum gewünschten Erfolg führten, wie bei der Grube Büchenberg im Amte Benneckenstein. Der Eisenanteil der Roherze nahm ab, und ihre Verhüttung wurde unrentabel. Der Bergwerks- und infolgedessen auch der Hüttenbetrieb mußte eingestellt werden. Die Hütten-, Hammer- und Blechwerke waren auf den Bezug ausreichender Holzkohle zum Betrieb ihrer Werke angewiesen. Die zunehmende Holzverknappung und die damit einhergehende Verteuerung der Holzkohle erhöhten ihre laufenden Kosten, und eine gewinnbringende Arbeit war vielfach nicht mehr möglich. Wassermangel im Sommer und zugefrorene Wasserläufe im Winter behinderten den durchgehenden Betrieb der Hütten-, Hammer- und Blechwerke, wie bei der Hütte Königshof im Amte Elbingerode im Jahre 1624. Erfahrene Hüttenleute zum Bau der Anlagen und zur Leitung der Hüttenwerke fehlten. Die Hütten-, Hammer- und Blechprodukte waren von schlechter Qualität und fanden deshalb keinen Absatz. Kapitalmangel der privaten Betreiber führte zur Aufgabe der Berg- und/oder Hüttenwerke. Aber auch die gegenseitigen wirtschaftspolitischen Sanktionen der einzelnen Staaten untereinander verhinderten eine kontinuierliche Verhüttung. Die Landesherren untersagten den Holzkohlen- und Eisensteinexport in die angrenzenden Staaten, verboten den Import ausländischer Hüttenerzeugnisse und/oder zerstörten die auf ihrem Gebiete liegenden Kunstteiche und -gräben, die zur Wasserversorgung der auf benachbarten Territorien liegenden Hütten angelegt worden waren. Das Ziel dieser Maßnahmen war es, die eigenen Hüttenwerke zu fördern und sie vor ausländischer Konkurrenz zu schützen.

Die vorliegenden Inventarlisten einzelner Hütten-, Hammer- und Blechwerke, die zumeist im Zusammenhang mit einer Neuverpachtung oder einem Verkauf erstellt worden waren, geben einen Überblick über deren Größe und deren technische Ausstattung, wie im Falle der Hütte Königshof im Amte Elbingerode. Punktuelle Betriebsabrechnungen - so für die Gustavshütte im Amt Bennneckenstein - und Produktionsangaben - so für die Rothehütte im Amt Elbingerode - veranschaulichen den täglichen Hüttenbetrieb. Diese Angaben reichen vereinzelt bis in das 16. Jahrhundert zurück.

Ein abschließendes Kapitel, in dem eine nach einzelnen Gesichtspunkten strukturierte Auswertung der zahlreichen Quellen sowie eine zusammenfassende und vergleichende Analyse der drei Territorien hätte erfolgen müssen, fehlt. Der Leser erhält anhand der Quellenauszüge nur eine Fülle von Hinweisen zu wirtschaftlichen, sozialen und technischen Aspekten zum Berg- und Hüttenwesen im Bodegebiet. Er muß diese Informationen selbst nach übergeordneten Fragestellungen strukturieren, um sie in den allgemeinen montanhistorischen Kontext des Harzraumes einordnen und bewerten zu können. Die erläuternden Teile der vorliegenden Darstellung enttäuschen aufgrund der zahlreichen inhaltlichen, formalen und sprachlichen Mängel. Summa summarum: Schwerdtfeger hat mit einem immensen Fleiß und Zeitaufwand die zahlreichen in den einzelnen Archiven verstreut liegenden und z. T. bislang unbekannten Quellen zusammengetragen. Die Leistung des Autors und die Stärke seiner Publikation liegen in dieser mühsamen Archivarbeit, die es dem Leser ermöglicht, einen Einstieg in die Quellenarbeit zu finden.

Empfohlene Zitierweise:

Michael Fessner: Rezension von: Kurt Schwerdtfeger: Eisensteingruben, Hochofen- und Hammerhütten im Bodegebiet des Harzes, Clausthal-Zellerfeld: Piepersche Druckerei und Verlag 1998, in: INFORM 1 (2000), Nr. 2, URL: <http://www.sehepunkte.de/inform/reviews.php?id=348>

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