Rezension über:

John S. McHugh: Emperor Alexander Severus. Rome's Age of Insurrection, AD 222-235, Barnsley: Pen & Sword Military 2017, XIV + 335 S., 40 Farbabb., 5 Kt., ISBN 978-1-47384-581-7, GBP 25,00
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Rezension von:
Raphael Brendel
München
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Raphael Brendel: Rezension von: John S. McHugh: Emperor Alexander Severus. Rome's Age of Insurrection, AD 222-235, Barnsley: Pen & Sword Military 2017, in: sehepunkte 19 (2019), Nr. 4 [15.04.2019], URL: https://www.sehepunkte.de
/2019/04/32600.html


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John S. McHugh: Emperor Alexander Severus

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Die Summe der Monografien zu Kaiser Severus Alexander ist überschaubar und die der Biografien umso mehr. Mit Interesse nimmt man daher das Werk von McHugh zur Hand, das eine Lebensbeschreibung des letzten Severers bietet. Diese ist in insgesamt neun Kapitel unterteilt, die weitgehend chronologisch angeordnet sind. Die ersten vier Kapitel schildern die Vorgeschichte von der Ermordung des Commodus bis zur Ermordung Elagabals (1-85), im siebten Kapitel wird ein allgemeines Panorama der Zustände in der Zeit des Severus Alexander eingeschoben (150-175), die übrigen vier Kapitel sind verschiedenen Abschnitten seiner Regierung gewidmet (86-149, 176-243). Es folgen ein zusammenfassendes Nachwort (244-253), die als Endnoten gebotenen Anmerkungen (254-304), Bibliografie (305-318), Abbildungsverzeichnis (319-321), Kartenverzeichnis (322), Zeittafel (323-326) und ein Register (327-335).

Das Werk ist, wie die Aufmachung und der Verlag, bei dem es erschienen ist, bezeugen, kein streng wissenschaftlicher Beitrag, sondern an ein breiteres Publikum gerichtet. Entsprechend wird man eine Vielzahl von Aspekten, die ansonsten kritisch anzumerken wären, als mehr oder wenige bewusste Entscheidung mit Blick auf die Absicht und die Adressaten ansehen: So neigt McHugh (insbesondere in den ersten Kapiteln) etwa dazu, die Zahlenangaben und Skandalgeschichten antiker Autoren kritiklos zu referieren. Eine systematische Auseinandersetzung mit den Quellen erfolgt nicht, sondern diese werden von Fall zu Fall herangezogen, und ein Kapitel, das über die Quellen für Severus Alexander informiert, fehlt; lediglich im siebten Kapitel wird die zeitgenössische Literatur kurz dargestellt (154-159), jedoch ohne ihren Quellenwert näher zu behandeln. Selbst im Titel merkt man schon etwas davon, da der Kaiser hier wie auch sonst wie in der Historia Augusta "Alexander Severus" statt des üblichen "Severus Alexander" genannt wird und wie die Historia Augusta neigt auch McHugh zu einer eher positiven Darstellung des Kaisers. Im Literaturverzeichnis genannte Aufsätze werden ohne Seitenangaben referiert.

Die soeben genannten Eigenheiten könnte man leicht ignorieren, wenn nur der Inhalt des Buches zufriedenstellen würde, doch ist dies nicht der Fall, da man zahlreiche kleinere und nicht ganz wenige größere Fehler findet. Dazu einige Proben: Was soll man mit der Bemerkung anfangen, Epiktet sei ein Autor "writing in the pagan era" (9)? Zunächst wird es als möglich erwogen, dass Macrinus seinen Vorgänger vergöttlichen ließ (33), was dann als Tatsache referiert wird (36). Die Chronik Hippolyts behandelt die "5,738 days of human history" (154); das wären weniger als zwanzig Jahre, es ist also "years" zu lesen. An einer Stelle (143) wird eine recht verworrene Darlegung der rechtlichen Verhältnisse geboten, in der behauptet wird, durch die Constitutio Antoniniana sei "the legal status of the free poor equated to that of the slaves"; gesteigert wird das nochmals dadurch, dass McHugh später auf derselben Seite einen Rechtstext zitiert, in dem die Bestrafung für Personen mit niedrigem Status anders ausfällt als die von Sklaven und zudem an anderer Stelle über die Bevölkerung meint, die Constitutio "had little impact on their lives" (242). Das Hauptproblem im Werk des Malalas ist nicht, dass es "often coloured by imperial propaganda" ist (217), zumal unklar bleibt, ob sich das auf die der Vergangenheit oder die der Gegenwart des Malalas bezieht. Problematisch ist an seinem Werk vielmehr neben dem Überlieferungszustand (der Bericht zu Severus Alexander ist nur in Form späterer Nutzer erhalten) auch die Tatsache, dass er oft Sondergut bietet, dessen Herkunft und Zuverlässigkeit in vielen Fällen nicht sicher bestimmt werden kann. McHugh weist darauf hin, dass die Liste der Lehrer des Severus Alexander in seiner Vita der Historia Augusta "entirely fictional" sei (74), um kurz darauf den nur aus einer kurzen Passage der Vita des Elagabal bekannten (und wohl ebenfalls fiktiven) Silvinus als einen der "more probable tutors" (74) anzuführen und später (nun heißt er "Silvanus") seine Tötung auf Befehl Elagabals als Fakt zu referieren (76); die zugehörige Anmerkung 265, Anm. 64 nennt die Quelle dafür nicht, sondern man muss sich bis Anm. 54 zurückarbeiten. Wirft man dann einen Blick ins Register (334), so stellt man fest, dass Silvinus auf den Seiten 70 und 185 (74 und 76 fehlen dagegen) auftreten müsste, wo aber nicht er, sondern der spätantike Historiker Polemius Silvius (der im Register 333 nochmals korrekt eingeordnet ist) gemeint ist. Die Übersetzung einer Passage aus Polemius Silvius drängt die Frage nach den Sprachkenntnissen McHughs auf. Der Text lautet in der Edition Mommsens (auf welche Ausgabe McHugh zurückgegriffen hat, ist unklar): Antoninus Heliogabalus occisus. Sub quo Marcellus Caesar et Sallustius, Uranius, Seleucus atque Taurinus tyranni fuerunt. McHugh übersetzt (185): "Elagabalus Antoninus was slain. After which Marcellus and Sallust Uranius Seleucus and Taurinius [sic!], the tyrant were made Caesars." Das spricht ebenso für sich wie die merkwürdigen Ausführungen zur Übersetzung der Titulatur (70-71). Wenn der byzantinische Autor Zonaras fast durchgehend (richtig nur 89 und 307) als "Zonoras" bezeichnet wird (siehe etwa den Registereintrag 335), spricht das nicht für übermäßige Genauigkeit. Wenn aber mit Iulia Soaemias, der Mutter Elagabals, eine für das Thema des Buches durchaus wichtige Persönlichkeit konsequent als "Soamias" (im Register 331 und auch sonst) bezeichnet wird, ist das Problem deutlich grundlegender. [1]

In der Literaturliste dominieren englischsprachige Werke und bei Titeln in anderen Sprachen finden sich wiederholt Druckfehler. Vor allem aber drängt sich die Frage nach der Systematik der Literaturauswahl auf, da so mancher erfasster Titel nur von untergeordneter Bedeutung ist, gelegentlich etwas auch doppelt erfasst wurde (311 und 313 unter "Gottfried" und "Madar", was zudem "Mader" heißen müsste), zugleich aber nicht nur elementare Werke zur Severerzeit fehlen, sondern sogar zentrale Erforscher dieser Epoche vollkommen ungenannt bleiben. So findet man im Literaturverzeichnis kein einziges Werk von Enrico Dal Covolo, Karlheinz Dietz, Ernst Hohl, Erich Kettenhofen, François Paschoud, Robert Penella, Andrew Scott oder Johannes Straub; von Cécile Bertrand-Dagenbach wird zumindest die Dissertation angeführt, nicht aber ihre kommentierte Budé-Edition der Vita des Severus Alexander. Die Einarbeitung der entsprechenden Werke hätte deutlich zur Qualität des Buches beigetragen, zumal sich so etwa die ziellosen Spekulationen zum Todesjahr der Iulia Maesa (114, 128, 130) erledigt hätten. [2]

Gibt es also nichts, was für dieses Buch spricht? Nicht viel, aber dennoch etwas: Zunächst ist es erfreulich, dass McHugh nicht eine weitere Biografie von Caesar, Augustus oder Marcus Aurelius verfasst hat, sondern eine vergleichsweise wenig beachtete Persönlichkeit porträtiert. Daneben ist das Buch in einer insgesamt recht gut lesbaren Sprache geschrieben, sodass es mit einer deutlicheren Gliederung (in der jetzigen Form wird eine Ordnung innerhalb der einzelnen Kapitel nicht deutlich) zumindest in dieser Hinsicht durchaus die Zielgruppe ansprechen könnte. Ebenfalls positiv ist McHugh das Bemühen anzurechnen, nicht einfach nur die ausführlichsten literarischen Quellen zu paraphrasieren, sondern auch wenig bekannte Autoren heranzuziehen: So werden im achten Kapitel, das sich vor allem den Kriegen im Osten widmet, auch orientalische Geschichtswerke zitiert; zudem findet Kedrenos an mindestens drei Stellen Erwähnung (111, 125 und 219, wo er zu "Credenus" verschrieben ist; im Register 328, wo übrigens die Erwähnung 219 fehlt, wird noch auf Seite 275 verwiesen, was aber zu 274 zu korrigieren und zudem nur die Anmerkung zum Text 111 ist), auch wenn die mit dieser späten Quelle verbundenen Probleme ebenso wenig wie die Frage nach den genauen Quellenverhältnissen des Zonaras diskutiert werden.

Somit kann das Werk für die eigentliche Zielgruppe, allgemeine Leser außerhalb der Wissenschaft, aufgrund der vielen Irrtümer und Mängel nicht empfohlen werden. Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Severus Alexander ist es in engen Grenzen geeignet, da es eine (wenn auch stark unvollständige) bibliografische Grundlage und eine Zusammenstellung der wichtigsten Quellen und Informationen bietet und die immer wieder erfolgenden Versuche, einzelnen Angaben aus der Historia Augusta einen historischen Kern zuzuweisen, in manchen Fällen dazu anregen können, die Thematik nochmals zu durchdenken und sei es nur, um eine dieser Angaben endgültig als sicher unhistorisch erweisen zu können. Der Nutzen des Buches ist also ziemlich überschaubar. [3]


Anmerkungen:

[1] Es hätte keinen Mehrwert, jeden einzelnen der zahlreichen Druckfehler anzuführen, daher nur eine Aufzählung gravierenderer Fälle: 26 "Alagabalus" statt richtig "Elagabalus"; 30 "advocatus fiscus" statt "advocatus fisci"; 75 "Justinian Codes" statt "Justinian Code"; 138 "MONITA" statt "MONETA"; 143 "prefect" statt "perfect"; 208 "Senatus Consulta" statt "Senatus Consulto".

[2] Dazu ausführlich Erich Kettenhofen: Zum Todesdatum Julia Maesas, in: Historia 30 (1981), 244-249.

[3] Zu einem ähnlichen Urteil gelangt die Rezension von Domenic Schäfer, in: Plekos 20 (2018), 447-452 (http://www.plekos.uni-muenchen.de/2018/r-mchugh.pdf).

Raphael Brendel