Rezension über:

Diederik P.W. Burgersdijk / Alan J. Ross (eds.): Imagining Emperors in the Later Roman Empire (= Cultural Interactions in the Mediterranean; Vol. 1), Leiden / Boston: Brill 2018, XI + 353 S., zahlr. Farabb., ISBN 978-90-04-37089-0, EUR 129,00
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Rezension von:
Felix K. Maier
Universität Würzburg
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Felix K. Maier: Rezension von: Diederik P.W. Burgersdijk / Alan J. Ross (eds.): Imagining Emperors in the Later Roman Empire, Leiden / Boston: Brill 2018, in: sehepunkte 19 (2019), Nr. 4 [15.04.2019], URL: https://www.sehepunkte.de
/2019/04/32599.html


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Diederik P.W. Burgersdijk / Alan J. Ross (eds.): Imagining Emperors in the Later Roman Empire

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Die Selbstrepräsentation des römischen Kaisers, die Wahrnehmung seiner Person durch die relevanten Akzeptanzgruppen und die daraus resultierenden Konsequenzen für seinen Regierungsstil wurden für das vierte und die nachfolgenden Jahrhunderte in den letzten Jahren vor allem im deutschen Sprachraum in drei Qualifikationsarbeiten intensiv untersucht. [1] Alle Analysen stellten dabei die Frage in den Mittelpunkt, wie es dem jeweiligen Kaiser gelang, seine Herrschaft angesichts heterogener Erwartungshaltungen von Militär, zivilen Eliten, Volk oder Christen möglichst stabil zu halten und mit welchen Herausforderungen er dabei konfrontiert war.

Nun legen Diederik Burgersdijk und Alan Ross einen internationalen Sammelband vor, der sich den Kaisern von Decius bis Honorius zuwendet, thematisch in eine ganz ähnliche Richtung geht und die Ergebnisse einer Konferenz an der Radboud Universität in Nimwegen im Jahr 2015 zusammenfasst. Ausgehend von dem Befund "The projection oft he ruler's image is a necessary component of maintaining power" (1) sehen die Herausgeber ihren Band als Beitrag zum "representational turn", welcher sich in der Forschung in den letzten Jahrzehnten etabliert habe (18). Die einzelnen Aufsätze wenden sich dem "image-making" sowohl durch den jeweiligen Kaiser als auch durch seine Untergebenen in literarischen und visuellen Quellen (Münzprägungen, Monumentalarchitektur) zu, um zu untersuchen, wie man sich den Aushandlungsprozess um Macht und Herrschaft zwischen dem Kaiser und seinen Akzeptanzgruppen im langen vierten Jahrhundert vorzustellen hat.

In einer Einleitung legen die beiden Herausgeber die wichtigsten Prämissen der vorgelegten Untersuchungen dar. Sie verweisen auf das Phänomen, dass es vor allem die Akzeptanzgruppen waren, die das Bild eines Kaisers profilierten, oft kaum der Kaiser selbst (2). Daraus leiten sie eine sehr starke Heterogenität von Kaiserbildern ab, die nicht nur für die Lebenszeit der Herrscher, sondern auch für die Zeit nach ihrer Regentschaft analysiert werden sollten. Ebenso zeichnen die Herausgeber nach, wie in der Zeit der sogenannten Soldatenkaiser der verschärfte Kampf um die Kaiserherrschaft innerhalb des römischen Reiches neue Formen der Selbstrepräsentation notwendig machte. In methodischer Hinsicht wird das Konzept der "Imagology" kurz skizziert, welches die ideologischen, historischen und literarischen Kräfte im Profilierungsprozess einer kaiserlichen Imago verdeutlichen könne und als Orientierung für manche Beiträge fungierte.

Im Folgenden wird aus Platzgründen nur auf bestimmte Beiträge eingegangen. Diese Auswahl ist subjektiv und dient lediglich der paradigmatischen Veranschaulichung von bestimmten Aspekten für die Rezension.

Alan Ross' Beitrag zu Julians erster panegyrischer Rede auf Constantius schlägt eine interessante Interpretation vor. Während dieser Text in letzter Zeit eher als subversives Werk gesehen wurde [2], mit dem Julian implizit gegen Constantius Stellung bezog, deutet Ross Julians Panegyrik als grundsätzlich positive Beschreibung von Constantius' Taten und als Vorbereitung für den Rombesuch von 357. Julian selbst habe, so Ross, von einer vorteilhaften Charakterisierung des Kaisers profitiert, da er dessen Stellvertreter im Westen gewesen sei. Obwohl diese Einschätzung sicherlich etwas für sich hat, bleibt Ross eine konkrete Widerlegung derjenigen Ansichten, die mit einer Vielzahl an Gründen für eine subversive Kritik an Constantius plädieren, schuldig und seine Interpretation kann diese Einschätzung nicht völlig entkräften.

In einem weiteren Beitrag untersucht María Pliar García-Ruiz Julians Münzprägung. Ihre Hauptthese ist weniger originell ("There was an especially close interaction of Julian's visual and textual images"), aber sie kann mit schönen Einzelbeobachtungen aufwarten, beispielsweise mit der Entwicklungslinie vom bartlosen Caesar zum barttragenden Kaiser, die die Autorin unter den damit verbundenen Subordinations- beziehungsweise Abgrenzungsstrategien gegenüber Constantius neu einordnet. Trotzdem hätte man sich gewünscht, dass das Ergebnis einer starken Kongruenz zwischen literarischen und visuellen Repräsentationen Julians vertieft (z.B. im Hinblick auf die relevanten Akzeptanzgruppen) und dass dabei auch die Adressatensteuerung durch verschiedene Nominale noch genauer in Betracht gezogen wird.

Positiv hervorzuheben ist der kurze Beitrag von Daniel den Hengst über das Valentinian-Bild bei Ammian. Nachdem man in der Forschung zu lange darüber gerätselt hat, ob dieser Kaiser von dem Historiker nun in die 'gute' oder 'schlechte' Schublade geschoben wurde, betont den Hengst noch einmal, dass Ammians Beurteilung viele Grauschattierungen enthält, die gerade aufgrund scheinbar 'widersprüchlicher' Charaktereigenschaften dem Leser einen adäquateren Einblick vermitteln, weil Ammian ihn damit zu einem eigenen Urteil auffordern wollte.

Insgesamt überrascht der Band mit deutlich mehr neuen Ergebnissen, als es auf den ersten Blick aussieht. Die Konzentration von manchen Beiträgen auf spezifische Quellen (Münzen, Monumentalarchitektur, Literatur) gereicht nicht zum Schaden: Aufgrund der sich insgesamt sehr eng am Titel des Sammelbandes orientierenden Analysen ist die bunte Bandbreite an untersuchten Überlieferungsträgern überaus erhellend. Allerdings konnte die von den Herausgebern betonte Theorie der "Imagology" vom Rezensenten nur in sehr wenigen Beiträgen als brauchbar und instruktiv angewandt erkannt werden. Etwas irritierend ist zudem die Tatsache, dass die vor allem in der deutschen Forschung wichtigen Publikationen fast gar nicht zur Kenntnis genommen wurden. Beide Einwände schmälern jedoch nicht den sehr positiven Gesamteindruck dieser Publikation.


Anmerkungen:

[1] Für Constantin Johannes Wieland: Der Kaiser als Sieger. Metamorphosen triumphaler Herrschaft unter Constantin I., Berlin 2012; für Constantius bis Theodosius nun bald Felix K. Maier: Palastrevolution. Der Weg zum hauptstädtischen Kaisertum im Römischen Reich des vierten Jahrhunderts, Paderborn 2019; für die Kaiser ab Theodosius Rene Pfeilschifter: Der Kaiser und Konstantinopel. Kommunikation und Konfliktaustrag in einer spätantiken Metropole, Berlin 2013.

[2] Siehe beispielsweise Shaun Tougher: Reading between the lines. Julian's First Panegyric on Constantius II, in: Nicholas Baker-Brian (ed.): Emperor and author. The writings of Julian the Apostate, Swansea 2012, 19-34.

Felix K. Maier