Geschenktipps (nicht nur) zu Weihnachten

Kiran K. Patel, London


An Weihnachten ist die beeindruckende Zahl herausragender Neuerscheinungen des Jahres 2014 hoffentlich längst gelesen. Jenseits der Pflichtlektüre steht Besinnung an. Hierfür einige Anregungen.

Marc Bloch, Apologie der Geschichte oder Der Beruf des Historikers, Stuttgart 2008.
Vielleicht ein Buch, das man bereits gelesen hat, aber hoffentlich gerne wieder einmal zur Hand nimmt. Bei jeder Relektüre gibt es Neues zu entdecken in diesem "Notizbuch eines Handwerkers, der es stets liebte, über seine tägliche Aufgabe nachzudenken". So nämlich bezeichnete Bloch sein Werk, das er abgeschnitten von seiner Pariser Bibliothek unter schwierigen Bedingungen während des Zweiten Weltkrieges verfasste. Geschichte zwischen Wissenschaft und Kunst; das Verhältnis zu den Nachbarwissenschaften; die grundsätzliche Frage nach dem Nutzen der Geschichte und vieles mehr werden hier behandelt. Besinnung auf das Wesentliche also!

Mark Mazower, Der dunkle Kontinent. Europa im 20. Jahrhundert, Berlin 2000 (engl. Original: London 1998).
Manche Bücher werden mit der Zeit sogar noch besser. Auch heute noch informiert dieses Buch zuverlässig über die Geschichte Europas seit 1918. Mazower war übrigens erst 40, als er dieses kleine Meisterwerk als seine dritte Monographie vorlegte. Aufschlussreich ist außerdem ein Abgleich mit den historiographischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre - so alt ist das Buch nämlich fast schon. Es ist beeindruckend, wie viele Trends Mazower früh erfasste oder antizipierte. Einige Aspekte mögen etwas überholt wirken - etwa die stark eurozentrische Sicht auf die europäische Geschichte. Trotzdem: Ein Klassiker! Thesenstark, hervorragend geschrieben, zu einem wichtigen Thema.    

Michail Bulgakov, Der Meister und Margarita, Berlin 2012.
Nicht nur eine schöne Abwechslung zu dem in der Literatur dominierenden Realismus, sondern auch seit vielen Jahren eines meiner Lieblingsbücher. Da auch Pontius Pilatus seinen Auftritt hat, handelt es sich eindeutig um die Weihnachtslektüre. Laut Karl Schlögel außerdem der "beste Führer", um das Moskau der 1930er Jahre zu verstehen. Wer es gerne historischer mag, dem sei empfohlen, Schlögels "Terror und Traum" parallel zu lesen. Alle anderen mögen einfach nur auf den Spuren von Woland, Margarita und den anderen Figuren des Romans wandeln. Welche Übersetzung man lesen soll - Reschke oder die neueren von Boerner oder Nitzberg: Das mögen andere entscheiden. 

Germany: Memories of a Nation, Ausstellung im British Museum, London, 16.10.2014 - 25.1.2015.
Einen Steinwurf entfernt von meinem Büro am Deutschen Historischen Institut, an dem ich dieses Jahr Gastprofessor sein kann. Aus diesem lokalpatriotischen Grund mache ich deswegen eine Ausnahme zu der Regel, hier nur ältere Werke vorzustellen. Wenngleich London natürlich immer eine Reise wert ist, kommt hier mit dieser Ausstellung noch ein willkommener Anlass hinzu. Neben allem Inhaltlichen, das in Großbritannien wie auch in Deutschland  an der Ausstellung bereits gelobt wurde, lohnt es sich, über deren Darstellungsform nachzudenken: Diesseits der Konjunktur des Digitalen stehen hier konkrete Objekte im Mittelpunkt, anhand derer komplexe Zusammenhänge in knappen Geschichten für ein breites Publikum erzählt werden. Zunächst eine Ausstellung, begleitet durch Radiofeatures, schließlich ein Katalog. Natürlich gibt es auch einen Blog, Facebook, Twitter und den ganzen Rest. Bemerkenswert ist trotzdem, wie es dem British Museum über ziemlich etablierte Formate gelingt, ein großes Publikum für Geschichte zu interessieren.