Geschenktipps (nicht nur) zu Weihnachten

Nikolaus Katzer, Moskau


Gaito Gasdanow: Das Phantom des Alexander Wolf. Roman. Deutsch und mit einem Nachwort von Rosemarie Tietze, München 2012

Selten sind Entdeckungen so aufregend und erstaunlich: Der 1946/47 in einer Emigrationszeitschrift in New York erschienene Roman des russischen Exilautors Gaito Gasdanow (1903-1971) findet erst heute zum deutschen Leser, obwohl er sich durchaus mit Nabokov und Camus messen lassen darf. Er kreist vordergründig um eine dramatische Kampfszene im Russischen Bürgerkrieg, tatsächlich aber spielt er mit den Unwägbarkeiten menschlicher Erinnerung, den Zufällen der Existenz, der Heimatlosigkeit des Exils, Liebe und Tod.

Milan Kundera: Die Kunst des Romans. Essay. Aus dem Französischen von Uli Aumüller, Frankfurt am Main 2010

In jüngerer Zeit erschienen vermehrt Sammelbände und Monographien, die  Historikern den Geschichtsroman schmackhaft machen wollen. Der Essay des tschechischen Autors Milan Kundera, der seit 1975 im Exil in Frankreich lebt, preist die großen Romane der Weltliteratur nicht der Stoffe wegen an, sondern huldigt dem Sprachvermögen, der Kompositionskraft und Eleganz der unerreichten Meister. Eine erträgliche Leichtigkeit des Lesens!

Elif Batuman: Die Besessenen. Abenteuer mit russischen Büchern und ihren Lesern. Aus dem Amerikanischen von Renate Orth-Guttmann, Zürich 2011

Wer die russische Literatur für schwer verdauliche Kost und einen Produzenten unverrückbarer historischer Stereotype hält, sollte sich von der Literaturwissenschaftlerin Elif Batuman eines Besseren belehren lassen. Auf kuriosen Wegen, mit Esprit und Chuzpe macht sie Werke und Lebensläufe scheinbar entrückter Großschriftsteller zum Naherlebnis. Sie verwandeln sich in Bekannte und Freunde unseres Alltags, in dem sie gelegentlich ein wenig verschroben wirken, doch hartnäckig daran erinnern, dass wir sie nicht so leicht loswerden.

Katharina die Große & Fürst Potemkin: Wir streiten um die Macht und nicht um die Liebe. Ein Hörstück mit Olivia Grigolli als Katharina II., Josef Ostendorf als Fürst Potemkin und Robert Meller als Erzähler. In Zusammenarbeit mit dem Team Jekaterinoslaw unter der Leitung von Ingrid Schierle. 2 Audio-CDs, Berlin 2009

Selten gewähren die Großen der Geschichte solche Einblicke in ihr Denken und Fühlen wie dieses ungewöhnliche Paar in seinen Briefen. Ihnen dabei zuzuhören, wie sie über Liebe, die nie nur privat ist, und Macht, die nicht auf das Amt beschränkt bleibt, korrespondieren, ist amüsant und zeitweise atemberaubend.

Michail Bulgakow: Meister und Margarita. Roman. Aus dem Russischen von Alexander Nitzberg, Berlin 2012

Historische Quellenwerke werden selten oder nur in sehr großen Abständen neu übersetzt. Bei historisch und künstlerisch bedeutsamen Romanen muss dies anders sein. Sie wachsen mit den Jahrzehnten noch und wollen von jeder Generation auf andere Weise entdeckt werden. Bulgakows Schlüsselroman über das 20. Jahrhundert, in dem Schrecken und Karneval, Gewalt und Zauber, Verrat und Treue in Sprache verwandelt sind, überrascht in jeder Übersetzung mit anderen Nuancen.