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Rezension von:
Manfred Kaluza
Studienkolleg, Freie Universität Berlin
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Schnettger
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Kaluza: Drei Publikationen über Friedrich II. für eine breitere Leserschaft (Rezension), in: sehepunkte 12 (2012), Nr. 9 [15.09.2012], URL: https://www.sehepunkte.de
/2012/09/20193.html


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Drei Publikationen über Friedrich II. für eine breitere Leserschaft

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Einleitung

Runde Geburts- oder Todesjahre berühmter historischer Persönlichkeiten sind der gewerblichen Erinnerungskultur ausgesprochen förderlich. Friedrich der Große, nach wie vor ein Faszinosum für eine historisch interessierte Öffentlichkeit, bildet da keine Ausnahme. Briefmarken werden gedruckt, Münzen geprägt, Ausstellungsexponate zusammengetragen, Lebens- und Wirkstätten herausgeputzt, Fernsehdokumentationen fertig gestellt. Im Rahmen dieser multimedialen Omnipräsenz erweisen sich Verlage als besonders aktiv. Ihre Strategie scheint es zu sein, 2012 unbedingt 'einen Friedrich' im Programm haben.

Aus der Fülle der Publikationen aus Anlass des 300. Geburtstages sollen an dieser Stelle drei besprochen werden, die, bei aller Unterschiedlichkeit, einiges gemeinsam haben. Sie erheben nicht den Anspruch, neue Quellen und damit wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zutage zu fördern, und sie wagen keine biografische Darstellung, deren Interpretation von Friedrichs Leben und Wirken in seiner Zeit und darüber hinaus Neuland betritt. Alle drei Bücher haben den neuesten Forschungsstand rezipiert, und sie informieren zuverlässig und ohne grobe sachliche Fehler. Sie enthalten einen Anmerkungsapparat, differenzierte Literaturlisten, Quellen- und Bildnachweise, was nicht nur den formalen wissenschaftlichen Standards genügt, sondern sie auch zitabel für Studierende, Geschichtslehrer und -didaktiker macht.

Die Besonderheit dieser drei Bücher liegt in ihrer Grundidee, die in den Untertiteln ersichtlich wird. Jens Bisky schreibt ein "Lesebuch" und versteht darunter die Gegenüberstellung von Biografie und Originalquellen, Bernd Ingmar Gutberlet begibt sich auf eine Reise zu den Orten, die in Friedrichs Leben eine wichtige Rolle gespielt haben, und Matthias Steinbach portraitiert Friedrich mittels zusammen montierter Äußerungen aus Primär- und Sekundärquellen. Durch den daraus resultierenden Aufbau, die illustrative Gestaltung nebst leserfreundlichen Übersichten wird erkennbar, dass es diesen Büchern darum geht, ein Interesse für Friedrich zu wecken, das über die eng gezogenen Grenzen der Fachhistoriker und -didaktiker hinaus eine breitere Leserschaft erreichen möchte.

Jens Bisky: Unser König. Friedrich der Große und seine Zeit - ein Lesebuch

Das Buch gliedert sich in vier Kapitel, die Friedrichs Leben nachzeichnen. "Jugend", "Glanz", "Krieg" und "Alter" benannt, markieren sie biografische Einschnitte, die in der Historiografie Gemeingut sind. Sie korrespondieren mit den Zeiträumen 1712-1740, 1740-1756, 1757-1763, 1763-1786. Jedes der vier Kapitel beginnt mit einer Zeittafel wichtiger Ereignisse aus Friedrichs Leben und teilt sich dann in ein Narrativ und einen Quellenteil. Bisky, hoch gebildet und ein glänzender Stilist, erzählt Friedrichs Leben als ganz seiner Zeit verhaftet. Die biografischen Passagen sind dabei interessanter zu lesen als die ereignisgeschichtlichen.

Der Quellenteil enthält fast ausschließlich zeitgenössische Quellen, die für den Nichtspezialisten lesbar gemacht und mit Einleitungen und Erläuterungen versehen wurden.

Die Textsorten des Quellenteils variieren: Briefe, Erlasse, Tagebuchaufzeichnungen, Berichte dominieren, gelegentlich gibt es Auszüge aus Lebenserinnerungen, Autobiografisches, Ortsbesichtigungen und Dichtung (Gleim, Ewald von Kleist), auch die Außensicht auf Friedrich und Preußen wird berücksichtigt (Marschall Belle-Isle, Maria Theresia), als Nachgeborene kommen nur Fontane und Bismarck zu Wort. Die Auswahl der Quellen überzeugt, ihre Lektüre ermöglicht ein anschaulicheres 'Eintauchen' in die Zeit als der Darstellungsteil. Ein Bildteil mit Schwarzweißabdrucken und zwei Landkarten auf den Broschurdeckeln illustrieren den Text.

Es gibt sowohl im Narrativ als auch im Quellen- und Bildteil keine Überraschungen. Alles ist hinlänglich bekannt. Am interessantesten sind zwei knappe Kapitel, die den Hauptteil rahmen. Eine Einleitung, die versucht zu begründen, warum es noch eines Buches zu Friedrich bedarf, und ein Schlusskapitel, das auf Friedrichs Nachruhm eingeht.

In der Einleitung legt Bisky mit Hilfe des soziologischen Rollenbegriffs den interpretativen Kern seiner Darstellung frei. Friedrich "schrieb sich, [...] seine Stellenbeschreibung selbst, erfand das König-Sein um die Mitte des 18. Jahrhunderts neu" (14). Zu dieser Neudefinition gehört die Enttäuschung der Erwartungen seines Umfelds. Friedrichs Ambivalenz liegt in der Ablehnung des Hofzeremoniells bei gleichzeitiger hoch artifizieller Selbststilisierung.

Rätselhaft bleibt der Titel des Buches. Bisky reklamiert Friedrich für ein Kollektiv, in das er sich mit einschließt: "Unser König". Man fragt sich am Ende der Lektüre, welches Kollektiv gemeint sein könnte. Die Deutschen wohl nicht, denn Bisky distanziert sich bereits im Eingangskapitel von dem nationalstaatlichen Deutungsparadigma. Die Brandenburger und Berliner ohne Preußen? Diese landesgeschichtliche Sichtweise wäre interessant, wird aber von Bisky nicht berührt. Die Tatsache, dass Bisky in seinem Schlusskapitel die heutige Relevanz von Friedrich in einem "der ersten Beispiele für den ganz modernen Konflikt von Pflicht und Neigung" (384) sieht und dass dieser Konflikt bei Friedrich so eindeutig zu Gunsten der Pflicht entschieden wurde, lässt die Möglichkeit offen, dass er seine eigene gesellschaftliche Gruppe im Auge hat: das bis 1945 unablässig historische Mythen produzierende konservative Bildungsbürgertum. Kulturkritische Anmerkungen zum Gegenwartszustand unterstützen diese Annahme. In einer "hedonistischen Kultur" mit kontinuierlichen und forcierten "Individualisierungsschüben" sei man versucht, "sich wieder auf den 'Alten Fritz' zu berufen: auf seine zähe, jahrzehntelange Arbeit als 'erster Diener des Staates'" (384). Soll Friedrich hier von einem Erinnerungsort zu einem Sehnsuchtsort mutieren? Dies wirkt doch etwas angestrengt und überspannt. Friedrich der Große und Preußen sind Geschichte, sie prägen das Selbstbild der Deutschen schon lange nicht mehr. Und auch das Fremdbild der Deutschen, die im Ausland immer noch als vergleichsweise pflichtbewusst, pünktlich und diszipliniert wahrgenommen werden, ist wohl stärker geprägt von den Fabrikordnungen der Industrialisierung als von Friedrichs rastlosem Aktivismus.

Bernd Ingmar Gutberlet: Friedrich der Große. Eine Reise zu den Orten seines Lebens

Gutberlets Idee, Lebens- und Wirkungsgeschichte Friedrichs des Großen miteinander zu verbinden, ist ebenso einfach wie überzeugend. Er macht sich auf, Orte zu besuchen, die in Friedrichs Leben und für seinen Nachruhm eine wichtige Rolle gespielt haben. Indem Gutberlet Friedrich topografisch verortet, schafft er Erinnerungsorte und -räume, anhand derer er biografische, historische, bau-, orts- und erinnerungsgeschichtliche Erzählstränge knüpfen und verflechten kann. Die gut lesbare Darstellung und opulente Bebilderung des Bandes machen die Lektüre zu einer seltenen Mischung aus Genuss und Erkenntnis.

Die Abfolge der insgesamt vierzehn Ortsbegehungen folgt dem Lebenslauf Friedrichs und reicht von der Geburt (Berliner Schloss) bis zum Tod (Terrasse von Sanssouci). Die Orte sind klug gewählt und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wichtige Orte der Kindheit, Jugend und Kronprinzenzeit, in denen Friedrich seinen Charakter und seine Talente gebildet hat, sind nahezu vollständig enthalten: Berliner Schloss, Monbijou und Wusterhausen, Küstrin, Rheinsberg. Für die Zeit der Regentschaft Friedrichs wurde eine Auswahl getroffen. Sie wird anhand der Orte Königsberg, das Schlachtfeld von Mollwitz, Forum Fridericianum, Schloss und Park Sanssouci, Oderbruch, das Schlachtfeld von Kunersdorf, der Kartoffelacker, Neues Palais, Mockrau und die Terrasse von Sanssouci dargestellt.

Das Buch ist außerordentlich geschickt komponiert. Eine historische Topografie der Gebäude und Landschaften bis zum gegenwärtigen Zustand wird als Ausgangspunkt genommen, um deren biografische Bedeutung für Friedrich aufzuzeigen. Gleichzeitig werden die Orte als Anknüpfungspunkte benutzt, um historische, thematische und erinnerungsgeschichtliche Aspekte zu verdichten.

Bereits im ersten Kapitel über das Berliner Schloss zeigen sich die Vorzüge dieses Ansatzes. Friedrichs Geburt teilt die Geschichte des Schlosses und seines damit verbundenen Areals in eine etwa dreihundertjährige Vor- und Nachgeschichte. Die Vorgeschichte dient als Aufhänger, um in die Geschichte und Tradition des Herrscherhauses Brandenburg-Hohenzollern einzuführen. Gleichzeitig wird die topografische Entwicklung nachgezeichnet. Sie reicht von der mittelalterlichen Stadtbefestigung über das Renaissanceschloss bis zum Umbau in ein prächtiges Barockschloss unter Friedrichs Großvater. Die Nachgeschichte ist an die Nutzung durch die jeweiligen Regenten gebunden und führt über die Stationen starke Beschädigung, Sprengung und Wiederaufbaudebatte in die Gegenwart. Bemerkenswert ist, dass sich die Geschichte des Berliner Schlosses beinahe vollständig abgelöst hat von Friedrichs Biografie, der das Hofleben im Berliner Schloss nicht mochte und sich dort kaum aufhielt.

Für den zweiten historischen Erzählstrang der Vorgeschichte Friedrichs, die Entstehung und Entwicklung Preußens bis zur Erlangung der Königswürde, wählte Gutberlet als Ort Königsberg. In diesem Kapitel wird außerdem an der Beziehung von Friedrich zu Kant die Ambivalenz des Aufgeklärten Absolutismus ("Räsonniert, aber gehorcht!") diskutiert. Der Wiederaufbau Königsbergs als sowjetische Musterstadt nach 1945 erinnert den Leser daran, wie exzeptionell der Niedergang Preußens im Vergleich zu den anderen europäischen Großmächten war.

Oderbruch und Kartoffelacker erweitern die historische Darstellung um wirtschafts-, sozial- und siedlungsgeschichtliche Maßnahmen Friedrichs. Im Kapitel zum Oderbruch gibt es eine vorzügliche Einführung in die Grundprinzipien der Kameralistik. Das Kapitel zum Kartoffelacker entmythologisiert Friedrichs Bedeutung für die Durchsetzung dieser Knollenfrucht. Gutberlet trennt das, was Friedrich tatsächlich veranlasst hat, die jahrzehntelange Erforschung der Pflanze im Berliner Botanischen Garten und die Anpflanzung in Gärten, von der Durchsetzung der Kartoffel als wichtigem Grundnahrungsmittel für die breite Masse der Bevölkerung. Letzteres gehört zur Mythologisierung im 19. Jahrhundert. Dieser Mythos hält sich so hartnäckig, dass Hartmut Dorgerloh, der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, in einem Radiointerview auf die Frage, welchen Wunsch er für das Friedrichjahr habe, antwortete, die Leute sollten endlich aufhören, Kartoffeln auf Friedrichs Grab zu legen.

Bis auf den Kartoffelacker wird jeder Ort durch spezifische situative Bezüge zu Friedrichs Leben und Wirken und durch seine Entwicklungsgeschichte bis zum gegenwärtigen Zustand unverwechselbar. Gleichzeitig enthält die historische Entwicklung der baulich-räumlichen Topografie allgemein gültige Komponenten. Der Ansatz, von der gegenwärtigen Topografie auszugehen, lässt diese Allgemeingültigkeit deutlich werden, und es gehört zu Gutberlets Verdiensten, dies auch zu thematisieren. So kann an der Festung Küstrin bereits ein 'kulturmorphologisches Endstadium' erkennbar werden. Deren Trümmer "verbergen sich unter Gestrüpp wie noch unentdeckte Ruinenstädte der Mayas im mittelamerikanischen Regenwald" (30).

Topografie und historische Kontingenz verbinden sich in Schlachtfeldern. "So war das damals wie heute verschlafene Dorf Mollwitz (Malujowice) für einen Tag in den Brennspiegel der großen Geschichte gerückt" (62). Spuren im Gelände sind nicht mehr zu erkennen, aber es gibt seit dem 10. April (Datum der Schlacht) 2010 eine Informationstafel zur Erinnerung an die Schlacht. Hier zeigt sich der zweite große Vorzug des Ansatzes. Durch den gegenwärtigen Zustand werden die Manifestationen im kollektiven Gedächtnis deutlich. Während die Schlacht Geschichte ist, gibt die Informationstafel Auskunft zum gegenwärtigen Stand des polnischen Umgangs mit der preußischen Vergangenheit. Ein bemerkenswerter Wandel ist hier eingetreten, wurden doch bisher alle Spuren preußisch-deutscher Erinnerungen an die Schlacht beseitigt.

So wie die Schlachtfelder hinterlassen auch Orte für Revuen keine topografischen Erinnerungsspuren. Da es sich bei Revuen um immer wiederkehrende Ereignisse ohne besondere historische Bedeutung handelt, fehlt hier jeglicher Versuch, die Topografie als Erinnerungsort zu markieren. Gutberlet wählt die Weichselwiesen in der Nähe des Dorfes Mockrau (Mokre) im Kulmer Land als Beispielort für die rastlose Reisetätigkeit Friedrichs, der damit wiederum sein eigenes Bild vom "volksnahen Monarchen" schafft. Außerdem thematisiert er in diesem Kapitel Grenzen und damit verbunden Grenzverschiebungen als wesentliche Kategorie einer historischen Topografie. Aus diesem Gebiet und aus dem polnischen Schlesien gelangt schließlich das polnische granica als Grenze in die deutsche Sprache. Friedrich wählte den Ort, um die nach der ersten Teilung Polens, dem ereignishistorischen Erzählstrang in diesem Kapitel, neu gewonnene Provinz Westpreußen näher mit dem schon lange unter der Herrschaft der Hohenzollern stehenden Ostpreußen zusammenzuführen.

Ein topografischer Blick auf Berlins Zentrum und seine zwei 'verschwundenen' Schlösser Stadtschloss und Monbijou ist ebenfalls aufschlussreich. Historische Bedeutung der Schlösser, Zeitpunkt des Verlustes, Abriss oder Zerstörung, Nachnutzung des Geländes sowie die beteiligten historischen Akteure produzieren den für Erinnerungsorte und -räume so wesentlichen "symbolischen Überschuss". Während das Gelände des Schlosses Monbijou zu einem Stadtpark mit Kinderschwimmbad und Uferpromenade umgestaltet werden konnte, gibt es über die Nutzung des Berliner Schlossareals historisch aufgeladene Debatten um die 'topografische Deutungshoheit'.

Zur Frage der Hinterlassenschaft Friedrichs nimmt Gutberlet nicht ausdrücklich Stellung, und er hat dies auch nicht nötig. Das Konzept seines Buches macht deutlich, was von Friedrich bleiben wird. Es sind die Gebäude und Landschaften, für deren Planung und Bau Friedrich verantwortlich zeichnet: Sanssouci und das Neue Palais in Potsdam, das Forum Fridericianum in Berlin und, mit Einschränkungen, Rheinsberg - Erinnerungslandschaften, die der Besucher auch unabhängig von Feierjahren genießen kann, und die wenig Anlass bieten, geschichtspolitisch instrumentalisiert zu werden.

Bernd Ingmar Gutberlet: Friedrich der Große. Eine Reise zu den Orten seines Lebens - Hörbuchversion

Dass das Buch von Gutberlet gut geschrieben ist, kann man auch daran erkennen, dass es gut zu hören ist. In der gekürzten Hörbuchversion überwiegen die biografischen Aspekte von Friedrichs Lebensorten, die weitere Entwicklung der Orte und die Erinnerungsgeschichte bleiben weitgehend ausgespart. Um die Hörabschnitte nicht zu umfangreich werden zu lassen, wurden die Kapitel des Buches weiter untergliedert. Neben den Orten gibt es auch einzelne Kapitel zur Biografie und zum historischen Hintergrund. Dies erhöht die Benutzerfreundlichkeit der beiden CDs, lassen sich doch einzelne Kapitel leichter überspringen bzw. einfacher wiederholen. Dem Hörtext ist im Unterschied zum Buch eine Einleitung vorangestellt, in der begründet wird, warum sich eine Beschäftigung mit Friedrich lohnt. Der Kern dieser Begründung liegt in seinem wandlungsfähigen Charakter.

Matthias Steinbach (Hg.): Kartoffeln mit Flöte. Friedrich der Große. Stimmen, Gegenstimmen, Anekdotisches

Das Buch ist außerordentlich vergnüglich zu lesen und eine Fundgrube für Didaktiker, deren Anliegen es ist, Friedrichs Persönlichkeit in kurzen pointierten Bemerkungen aufscheinen zu lassen. Außerdem findet man hier von "facettenreich" bis "widersprüchlich" all die Versatzstücke im Original, die zur Legitimierung der vielen neuen Bücher zu Friedrichs Jubiläumsjahr immer wieder auftauchen. Der Vorrat an sprachlichen Mitteln zur Charakterisierung einer historischen Persönlichkeit scheint doch begrenzt zu sein.

Der Aufbau ist biografisch-thematisch und orientiert sich an den verschiedenen Rollen, die Friedrich ausfüllen musste: Kronprinz, Staatsmann und Feldherr, Philosoph und erster Diener des Staates, der alte Fritz. Die Textauszüge in dem Kapitel "Die Nachwelt spricht" sind streng chronologisch angeordnet und reichen von der Zeitgenossenschaft bis zur aktuell relevanten Forschungsliteratur. So kann schnell an Beispielen aus Anekdotik, Essayistik, Geschichtsschreibung, Schulbüchern und Literatur die epochen- und ideologiespezifische Rezeption Friedrichs deutlich werden. Angemerkt sei hier, dass die DDR-Rezeption mit seltenen Fundstücken vertreten ist. Alle Kapitel werden durch programmatische Äußerungen Friedrichs eingeleitet und durch wenige, ausgewählte Abbildungen illustriert.

Zur besseren Lesbarkeit sind dem Buch eine Zeittafel und der Stammbaum der Hohenzollern, beginnend mit dem Großen Kurfürsten, vorangestellt. Sehr sinnvoll ist ein Autorenregister am Ende des Buches, weil es einen vom Interesse an den Autoren geleiteten Zugang zu Friedrich ermöglicht.

In der Einleitung begründet Steinbach seinen Ansatz der "multiperspektivischen und chronologisch-thematischen Zusammenschau" (15) mit der kontrovers diskutierten Bedeutung und Deutung Friedrichs. Weniger überzeugend ist Steinbachs Begründung, warum sich eine Beschäftigung mit Friedrich heute lohnt. Neben einer Elitenherrschaft sieht er Friedrichs heutige Relevanz in "langfristigen Strukturproblemen der Staats- und Gesellschaftsverfassung, so das Pensions- und Invalidenproblem, das Verhältnis von Militär- und Zivilgesellschaft oder die Schulreform" (16). Selbstverständlich kann man mit einem solch allgemeinen Kategoriengerüst Vergleiche anstellen, allerdings darf man sich dann auch nicht über die eher dürftigen Ergebnisse wundern. Die Unterschiede in Staat und Gesellschaft sowie die Lösungsvorschläge der politischen Herrschaft sind einfach zu groß.

Bleibt als Resümee aller drei Bücher das Zitat eines interessierten Geschichtsstudenten, von Steinbach augenzwinkernd in die Einleitung mit aufgenommen. Hier wird ähnlich wie bei Bisky mehr über die Gegenwart als über Friedrich deutlich. Friedrich sei "nicht mehr als eine Erinnerung, die in dieser unserer Gesellschaft immer mehr verblasst und, trotz Anniversarien, weiter schwinden und sich schließlich endgültig von dannen machen wird" (16f.).

Manfred Kaluza