sehepunkte 12 (2012), Nr. 6

Helmut Neumaier: Albrecht von Rosenberg

Der Verfasser hat sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Phänomen der Reichsritterschaft und dem Bauland, der Region zwischen Buchen und Bad Mergentheim, auseinandergesetzt. Bei seinen Forschungen stieß er dabei immer wieder auf den Ritter Albrecht von Rosenberg (1519-1572), dessen faszinierende Lebensgeschichte er in verschiedenen Facetten schon gestreift und behandelt hat, nunmehr aber in einer umfassenden Biographie darstellt.

Albrecht von Rosenberg entstammte einer Familie der fränkischen Reichsritterschaft, deren wichtigste Besitzungen Schüpf und Boxberg waren. Boxberg ging 1523 bei einer kriegerischen Aktion der Städte des Schwäbischen Bundes verloren und wurde von den Siegern an den Kurfürsten von der Pfalz verkauft, der schon Lehnrechte an der Burg und Herrschaft besaß. Die Rückgewinnung dieses wichtigen Besitzes war hinfort zentraler Angelpunkt der Familienpolitik und insbesondere Albrechts von Rosenberg für die nächsten Jahrzehnte. Was er alles unternahm, um sein Recht an dieser Herrschaft durchzusetzen, wird im ersten Teil detailliert dargestellt.

Gegenüber Nürnberg machte Albrecht 1544 durch die Entführung des Ratsherrn Hieronymus Baumgartner Druck, der länger als ein Jahr seine Geisel blieb, doch erreichte er letztlich sein Ziel nicht. Erfolg brachte aber sein Engagement auf Seiten des Kaisers im Schmalkaldischen Krieg. Das vom kaiserlichen Feldherrn Graf Egmont von Büren eingenommene Boxberg wurde 1546 Albrecht von Rosenberg übergeben, allerdings auf Einspruch des Pfalzgrafen 1548 vom Kaiser unter Sequester gestellt. Als 1552 der Kaiser infolge der Fürstenopposition unter massiven Druck geriet, gelang es dem Pfalzgrafen jedoch, im Sommer Boxberg wieder in Besitz zu nehmen. Allerdings nur kurz, denn schon im Herbst besetzte Albrecht von Rosenberg Schloss und Stadt auf kaiserlichen Befehl, wie er angab. Albrecht stand zu dieser Zeit in der Gunst Karls V., dessen Flucht aus Innsbruck vor dem vordringenden Kurfürsten Moritz von Sachsen er organisiert hatte. 1555 wurde dann, auch auf Druck Karls V., eine Einigung zwischen dem Rosenberger und dem Schwäbischen Bund erreicht, die allerdings nicht Kurpfalz einschloss, mit dem erst 1561 eine vertragliche Regelung zustande kam. Danach verzichtete Albrecht gegen eine Entschädigung auf Boxberg zu Gunsten des Pfalzgrafen.

Albrecht von Rosenberg wandte sich nun energisch dem Ausbau seiner Herrschaft Schüpf zu, die in jeder Beziehung auf einen modernen Stand gebracht werden sollte. 1561 löste er die Rechte der Rüdt von Collenberg an der Herrschaft ab und konnte damit seine Vorstellungen in der herrschaftlichen Organisation unbehindert durchsetzen. Der Ausbau von Schüpf zu einer Musterherrschaft lässt sehr gut das sogenannte Briefbuch Albrechts erkennen, in dem alle Urkunden kopiert sind, die in Zusammenhang mit dem Ausbau der Herrschaft entstanden sind. Diese wichtige Quelle ist von Neumaier schon 2006 in einer gesonderten Publikation vorgestellt und kommentiert worden. Sie enthält die Gerichtsordnung von 1561, die Marktordnung von 1562/63, die Polizeiordnung von 1562 und die Schulordnung von 1564. Die landesväterliche Fürsorge erstreckte sich nicht nur auf das Wohl der Untertanen in sozialer und ökonomischer Hinsicht, sondern bezog auch deren Seelenheil durch die Berufung evangelischer Geistlicher ein. Die Vorstellung des gemeinen Wohls umfasste alle Bereiche der Gesellschaft.

Die weitgehende Kontrolle der Untertanen und die Sammlung und Intensivierung der Herrschaftsrechte, die Albrecht von Rosenberg nach Möglichkeit zu erreichen suchte, führten dennoch nicht zur Schaffung eines selbständigen politischen Gebildes, da fremde Einflüsse insbesondere über Lehnsbeziehungen weiterhin bestanden und Rücksichten auf die benachbarten größeren Landesherrschaften zu nehmen waren. Letztlich kamen die vorhandenen Ansätze einer wie auch immer gearteten Staatlichkeit nicht zur vollen Ausbildung, weil Rosenberg keine leiblichen Erben hatte und die Herrschaft an eine Erbengemeinschaft fiel.

Seit 1545 bestand eine Bekanntschaft mit Wilhelm von Grumbach, den Rosenberg als seinen Schwager ansprach. Grumbach scheint die Verhandlungen Rosenbergs mit Kurpfalz wegen der Herrschaft Boxberg gefördert und sich damit die Freundschaft Rosenbergs verdient zu haben, der ihn in seinen Händeln mit dem Hochstift Würzburg gutgläubig unterstützt hat. Rosenberg blieb auch nach Grumbachs Überfall auf Würzburg und der anschließenden kaiserlichen Achterklärung 1563 auf Grumbachs Seite, was 1566 zu seiner Verhaftung auf dem Reichstag zu Augsburg führte. Die Anklage erstreckte sich nicht nur auf eine Beteiligung an den Grumbachschen Händeln, sondern man warf ihm auch seine Bemühungen um die Festigung der reichsunmittelbaren Stellung des Adels in Franken vor. Immerhin war Rosenberg seit 1560 Hauptmann des Orts Odenwald. Aus der Haft ist Rosenberg nicht wieder entlassen worden, zu groß war der Einfluss seines mächtigsten Gegners, des sächsischen Kurfürsten. Als Häftling ist Rosenberg 1572 in Wien gestorben.

Das Leben Albrechts von Rosenberg spielte sich in einer Zeit des Umbruchs ab, der das religiöse, politische und rechtliche Leben betraf. Die Reichsritterschaft musste ihren Platz in einer Zeit finden, wo die Macht ihres kaiserlichen Schutzherrn zerbröckelte und die Fürsten ihre Landesherrschaften zu leistungsfähigen frühmodernen Staaten ausbauten. In dieser Situation als Reichsritter eine unabhängige Stellung einnehmen zu wollen, war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Derartige Ambitionen zerschellten an den Fürsten, die die Reichsritter mit allen Mitteln zu disziplinieren suchten und dies auch durchzusetzen wussten. Neumaier zeigt Albrecht von Rosenberg als Mensch zwischen den Zeiten, einerseits sein spätmittelalterliches Fehdeverhalten im Kampf um Boxberg, dann seine Bemühungen um die Modernisierung und Fortentwicklung seines kleinen Territoriums Schüpf, schließlich sein untauglicher Versuch, in die große Politik zu gelangen, letztlich auch um den schwindenden Einfluss der Reichsritterschaft zu stabilisieren.

Neumaiers Studie schöpft voll aus den Quellen, die gern auch über Seiten hinweg zitiert werden, und sie setzt ein hohes Maß an Vorwissen voraus. Gerade bei Wilhelm von Grumbach, dessen Bekanntschaft für Albrecht von Rosenberg so schicksalhaft wurde, hätte man mehr Aufklärung über seine Person erwarten dürfen. Auch ist das Bild, das Neumaier von seinem "Helden" zeichnet, zu sehr von Sympathie getragen, wie er am Schluss selbst zugibt (358). Dies hängt damit zusammen, dass die Quellen zu stark im Sinne des Rosenbergers gelesen und interpretiert werden. Dies ist aber nur allzu verständlich, denn die Biographie stellt in der Tat eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit einem tragischen Schicksal in einer Zeit des Übergangs dar.

Rezension über:

Helmut Neumaier: Albrecht von Rosenberg. Ein außergewöhnliches Adelsleben unter drei habsburgischen Kaisern, Münster: Aschendorff 2011, 415 S., 13 S/w-Abb., ISBN 978-3-402-12905-0, EUR 29,00

Rezension von:
Wolfgang Bockhorst
LWL - Archivamt für Westfalen, Münster
Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Bockhorst: Rezension von: Helmut Neumaier: Albrecht von Rosenberg. Ein außergewöhnliches Adelsleben unter drei habsburgischen Kaisern, Münster: Aschendorff 2011, in: sehepunkte 12 (2012), Nr. 6 [15.06.2012], URL: https://www.sehepunkte.de/2012/06/20864.html


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