Geschenktipps zu Weihnachten

Frank Engehausen, Heidelberg


Christian v. Ditfurth: Mann ohne Makel. Stachelmanns erster Fall, Köln: Kiepenheuer & Witsch 14. Aufl. 2007, 379 S., ISBN 978-3-462-03389-2, EUR 7,95.

Das Genre der "academic novels" treibt in Deutschland nur kleine Blüten, und ein Pendant zu David Lodge ist weiterhin nicht in Sicht. Akademisch sozialisierten Leserinnen und Lesern, die Kriminalromane zur Hand nehmen, dürften aber Christian von Ditfurths im Universitätsmilieu angesiedelten Romane um den Historiker Josef Maria Stachelmann, den seine zeitgeschichtlichen Forschungen regelmäßig in Kriminalfälle verwickeln, gefallen. Der Chronologie halber, aber auch weil der mittlerweile fünfte Band ("Labyrinth des Zorns") mit seinem kühnen Handlungskonstrukt nicht zu den Höhepunkten der Reihe zählt, sei das Debüt empfohlen, in dem der fiktive Hamburger Habilitand einem befreundeten Polizisten bei der Aufklärung einer Mordserie hilft, deren Motive in den Judenverfolgungen des 'Dritten Reiches' zu finden sind.

Martin Sabrow (Hg.): Erinnerungsorte der DDR, München: C. H. Beck 2009, 619 S., ISBN 978-3-406-59045-0, EUR 29,90.

Aus der Fülle der durch das 20. Jubiläum des Mauerfalls veranlassten Publikationen hebt sich der von Martin Sabrow herausgegebene Sammelband nicht nur mit seinem Umfang, sondern auch mit seiner ambitionierten Zielsetzung hervor. Zwar ließe sich darüber streiten, ob das fruchtbare Konzept der "lieux de mémoire" in diesem Fall nicht hier und da überdehnt wurde; nichtsdestotrotz ist der Band ein sehr lesenswertes Kompendium zur DDR-Geschichte. Das Themenspektrum der 49 von teilweise namhaften Historikern, Publizisten und Zeitzeugen verfassten Miniaturen, die den Gedächtnisgehalt der jeweiligen Erinnerungsorte in unterschiedlicher Intensität diskutieren, ist sehr breit und deckt neben naheliegenden politischen Erinnerungsorten (Stasi, Mauer, Antifaschismus, Partei, 17. Juni, Montagsdemonstrationen) auch eine Reihe von eher alltagsgeschichtlich relevanten Aspekten (Einkaufsbeutel und Bückware, Puhdys, Sandmännchen, Eisenhüttenstadt, Frauentag) ab, die bei den nicht in der DRR gelebt habenden Lesern zwar keine Erinnerungen hervorrufen, ihnen aber nützliche Einblicke in eine fremde, untergegangene Welt gewähren werden.

Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher, München: btb Verlag 2009, 254 S., ISBN 978-3-442-73738-3, EUR 9,00.

Die Bücherverbrennungen des Jahres 1933 haben als frühes Zeugnis der geistigen Ignoranz und Intoleranz der Nationalsozialisten einen festen Platz im kollektiven Gedächtnis der Deutschen; weithin bekannt sind aber wohl nur die Namen einiger weniger Dichter, deren Werke verbrannt wurden. Der Journalist Volker Weidermann hat es unternommen, nicht nur die Prominenten unter den verfemten Dichtern - von Bertold Brecht bis Jakob Wassermann - vorzustellen, sondern die gesamte Gruppe der Opfer der Bücherverbrennungen, die auf der ersten schwarzen Liste der zu eliminierenden "Schönen Literatur" standen; hierbei handelte es sich um 94 deutschsprachige - unter ihnen manche ganz in Vergessenheit geratene Dichter - und um 37 fremdsprachige Autoren. Weidermann würdigt diese Dichter nicht in einem biographischen Handbuch, sondern in einer Sammlung essayartiger Texte, deren Anliegen es ist, den "Sieg der Bücherverbrennung in eine Niederlage zu verwandeln, die Bücher von damals in einem neuen Licht leuchten zu lassen". Diesen hehren Anspruch erfüllt er insofern, als seine stilistisch teilweise glänzenden Porträts in der Tat viele Lektüreanreize bieten.

Günter Wimmer: Adam Remmele. Ein Leben für die soziale Demokratie, Ubstadt-Weiher u. a.: verlag regionalkultur 2009, 530 S., ISBN 978-3-89735-585-9, EUR 24,80.

Den Protagonisten des politischen Wiederaufbaus Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg ist in der Historiographie nicht gerade große Wertschätzung zuteil geworden, fast so als disqualifiziere ihr politisches Scheitern sie als Forschungsobjekte. Selbst einige Vertreter der Berliner politischen Prominenz der Weimarer Jahre haben noch keine Biographen gefunden, und noch ungünstiger ist der Forschungsstand für die republikanischen Eliten in den Ländern. Die bezeichnenderweise in einem kleinen Verlag erschienene Biographie des badischen Sozialdemokraten Adam Remmele, die nicht aus der Hand eines professionellen Historikers, sondern von einem politisch engagierten Lehrer stammt, ist deshalb ein verdienstvolles Unterfangen. Günter Wimmers vor allem durch Materialreichtum ausgezeichnete Studie verfolgt den Lebensweg Remmeles (1877-1951) in vier politischen Systemen nach mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf den Weimarer Jahren, in denen Remmele als Landtagsabgeordneter, Innen-, Kultus- und Justizminister sowie als Staatspräsident maßgeblich an den Bemühungen beteiligt war, die neue politische Ordnung in Baden zu stabilisieren.

Eike Wolgast: Geschichte der Menschen- und Bürgerrechte, Stuttgart: W. Kohlhammer 2009, 385 S., ISBN 978-3-17-017815-1, EUR 24,00.

Wem die Debatte über Heinrich August Winklers "Geschichte des Westens" einen Anreiz bietet, sich über die Inhalte eines westlichen Wertekanons ausführlicher zu informieren, der wird Eike Wolgasts umfassende Darstellung der Entstehung und Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte mit großem Gewinn zur Hand nehmen. Der chronologische Rahmen des soeben noch handlichen Bandes spannt sich von den Diskussionen über die Freiheitsrechte in England und Nordamerika im 17. und 18. Jahrhundert bis zur unmittelbaren Gegenwart. Der besondere Verdienst der Studie liegt darin, dass sie sich nicht auf die durchaus gebührend berücksichtigten Weichenstellungen (französische Menschenrechtserklärung von 1789, Frankfurter Grundrechtekatalog von 1848, Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948) beschränkt, sondern in jeweils sehr quellennaher Darstellung der Rezeption dieser Wegmarken in den europäischen - und teilweise auch den außereuropäischen - Verfassungen nachspürt; die Ideengeschichte wird damit zugleich zur Geschichte der Ausbreitung von Ideen.