sehepunkte 5 (2005), Nr. 3

'Hispania Romana' - 20 Jahre Stadtarchäologie in Córdoba

Einführung

Von Sabine Panzram

Zwei Jahrzehnte sind eine angemessene Zeitspanne, um Bilanz zu ziehen: seit die spanische Zentralregierung Mitte der achtziger Jahre den Bereich der Bienes Culturales an die Consejería de Cultura der Junta de Andalucía delegierte, ist die autonome Region Andalusien selbst für die Unterhaltung ihres archäologischen Erbes zuständig. Und seitdem hat archäologische Stadtforschung Konjunktur in Córdoba, denn es galt nicht nur, sich einen Weg zu den Überresten einer der Provinzhauptstädte des römischen Hispanien, sondern auch nach Europa zu bahnen. Schließlich soll der Blick nach Rom die seit rund einem Jahrhundert geforderte Anbindung Spaniens an Europa, die Vergangenheit als Provinz des Imperium die Zukunft als Region der Europäischen Gemeinschaft ermöglichen. Also wird unter der Ägide des Seminars für Klassische Archäologie gegraben, restauriert und 'musealisiert'. Neben dem obligatorischen Rundgang durch die 'Córdoba mora', das arabische Qurtuba, steht jetzt wie selbstverständlich auch die Erkundung der römischen Stadt. Oder wenigstens die Besichtigung der Monumente, die nicht den Auseinandersetzungen zwischen der sozialistischen Regionalregierung (PSOE) und dem kommunistischen Stadtparlament (PCE) zum Opfer gefallen sind - wie ein palatium vom Ende des 3., Anfang des 4. Jahrhunderts n. Chr., das wohl dem Tetrarchen Maximianus Herculius zuzuschreiben ist. Die Überreste kamen Anfang der neunziger Jahre während der Arbeiten für einen neuen Bahnhof zutage, der Córdoba zu einer Station des Madrid und Sevilla verbindenden Hochgeschwindigkeitszuges AVE machte. Die Infrastruktur forderte ihren Tribut, den Cordobenser Archäologen gelang gerade noch eine umfassende Dokumentation des singulären Befundes.

Die detaillierte Aufnahme von Überresten und ihre Präsentation - zentraler Bauten wie des Theaters oder extra muros liegender Bereiche wie der Nekropolen - steht denn auch weiterhin im Zentrum der Aktivitäten. Die Publikationen auf hohem Niveau bieten eine Basis für weitere Studien zu Grabraum und Bestattungssitten (Vaquerizo Gil 2004) oder aber bereits eine erste umfassende Gesamtdarstellung des sogenannten 'barrio de espectáculos' im Rahmen der urbanistischen Entwicklung der Colonia Patricia Corduba (Ventura et al. 2002). Grundsätzlich ist das Bestreben, neue Funde in kurzer Zeit einem interessierten Publikum zugänglich zu machen; diese Tendenz zeigt auch die zweite Ausgabe einer jüngst begründeten Fachzeitschrift (Romula 2003).

Die Bilanz nach zwei Jahrzehnten Stadtarchäologie ist also eindeutig positiv: neben einer allmählichen Rekonstruktion sämtlicher Lebenswelten der Provinzhauptstadt der Baetica steht die Tatsache, dass die Disziplin, die ihre Genese dem nach dem Tode Francos einsetzenden Demokratisierungsprozess verdankt, diesen wesentlich befördert hat - durch ihr unermüdliches Engagement in der Auseinandersetzung um das 'patrimonio cultural'.

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